Wenig Euphorie
Es gab einiges, was den Ionos-Börsengang zum Wagnis machte: der Krieg in der Ukraine, der mit unverminderter Härte weitergeht, die hohen Energiepreise, die der Wirtschaft zusetzen, und die Zentralbanken, die weiter an der Zinsschraube drehen. Dennoch hätte das Börsenumfeld für einen IPO-Eisbrecher kaum besser sein können. Nicht nur dass der Dax seit Jahresbeginn 10% zugelegt hat und damit unverdrossenen Optimismus der Investoren signalisiert; das deutsche Technologiesegment steht sogar noch besser da mit einem Plus von 14%. Dem Webhoster Ionos haftet auch nicht der Makel vieler schnell wachsender Tech-Ikonen an, die Gewinne erst in ferner Zukunft in Aussicht stellen und derweil jede Menge Geld verbrennen. Das Unternehmen hat sogar ein ertragsstarkes Geschäftsmodell, das in hohem Maße von wiederkehrenden Erlösen profitiert.
Dennoch ist es den Emissionsbanken, deren schiere Zahl bei einem Unternehmen in der Größenordnung von Ionos schon so üppig erscheint, als ob sich die Alteigentümer der Schwierigkeit der Aufgabe bewusst waren, nicht gelungen, bei den Investoren echte Euphorie für die Aktien des Webhosters zu wecken.
Es lässt sich schwer sagen, ob der geringe Free Float bei der Platzierung der Papiere Fluch oder Segen war. Während eine Verknappung der Aktienzahl geeignet erscheint, den Preis zu erhöhen, wird das Publikum zugleich überdeutlich zur Randfigur in einem von den Altgesellschaftern dominierten Unternehmen degradiert. Die Nachteile einer solchen Nebenrolle sind den Investoren wohl bewusst. Sie wiegen bei einem Tech-Asset, das auf Wachstum fokussiert ist, noch deutlich schwerer als bei einem etablierten Unternehmen, das die eigene Börsen-Story etwa auf eine klar kommunizierte Dividendenstrategie stützt. Letzteres war bei Vantage Towers der Fall, die als größtes IPO des Jahres 2021 den Sprung aufs Parkett in einem pandemiebedingt eher schwierigen Umfeld gewagt hatte. Obwohl der Börsengang ein Erfolg war, führt aber nicht zuletzt Vantage die Tücken eines geringen bzw. machtlosen Streubesitzes vor Augen. Dieser wird nach weniger als zwei Jahren bereits wieder aus dem Unternehmen gedrängt – und dabei machen allenfalls die Erstzeichner einen guten Schnitt.
Eine solche Perspektive müssen die außenstehenden Ionos-Aktionäre nicht fürchten, denn der Finanzinvestor Warburg Pincus dürfte seine restlichen Anteile so bald wie möglich schrittweise abgeben. Und auch United Internet wird weiter reduzieren, denn der Konzern muss die kostspielige 5G-Strategie seiner Telekomsparte finanzieren. Die Altaktionäre wahren mit einem knappen Erstangebot die Chance auf spätere Verkäufe zu höheren Kursen.
Stärkere Bremswirkung als ein anfänglich knapper Streubesitz entfaltet hierzulande jedoch regelmäßig eine Reserviertheit der Investoren gegenüber Unternehmen aus dem Technologiesegment. Diese hat bei Börsengängen, die eine breite internationale Anlegerschaft angesprochen haben, – wie in jüngerer Vergangenheit Teamviewer und Suse – dazu geführt, dass nur rund 10% der angebotenen Aktien in Deutschland untergebracht werden konnten. Der wenig ermutigende Verlauf von deren kurzer Börsenkarriere hat die Anleger in ihrer tradierten Skepsis nur bestätigt.