Bedachung

Wienerberger schnappt sich Terreal

Wienerberger übernimmt große Teile des Geschäfts der französischen Terreal. Damit wollen die Österreicher stärker von der aus Klimagründen notwendigen Sanierung des Gebäudebestands profitieren.

Wienerberger schnappt sich Terreal

hek Frankfurt

Der österreichische Ziegel- und Rohrhersteller Wienerberger will das Terreal-Geschäft in Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und den USA kaufen. Der Transaktion liegt ein Unternehmenswert von 600 Mill. Euro zugrunde, teilt Wienerberger mit. Mit Unterzeichnung der Übernahmevereinbarung begännen nun exklusive Verhandlungen.

Terreal bietet Dach- und Solarlösungen an. Das Unternehmen hat seinen Sitz in Suresnes in Frankreich. Das zu erwerbende Geschäft steht für 740 Mill. Euro Umsatz und ein Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von 100 Mill. Euro auf Run-Rate-Basis. Binnen drei Jahren nach Closing soll das Ergebnis durch Effizienzmaßnahmen, Cross-Selling und Kostensenkungen auf bis zu 150 Mill. Euro steigen.

Mit dem Deal bekommen weite Teile des deutschen Tondachziegelherstellers Creaton einen neuen Eigentümer. Das Creaton-Geschäft in Deutschland, und den Benelux-Ländern landet nun bei Wienerberger. Terreal hatte die lange börsennotierte Gesellschaft aus Nordschwaben 2020 erworben. Die Creaton-Börsennotierung endete 2017 durch einen Squeeze-out.

Der Kaufpreis entspricht dem sechsfachen Ebitda. Werden erwartete Synergien und Kostensenkungen eingerechnet, sinkt das Multiple auf vier. Nach Firmengaben zahlt Wienerberger deutlich weniger als Konkurrenten bei vergleichbaren Transaktionen (siehe Grafik). Demnach hat der Zementkonzern Holcim ein Multiple von 12,6 für die amerikanische Firestone bezahlt.

Die Terreal-Akquisition trägt laut Wienerberger bereits im ersten Jahr nach dem Closing zum Gewinn je Aktie bei. Der Abschluss des Deals wird für Ende 2023/Anfang 2024 erwartet. Die Kartellbehörden müssen noch zustimmen.

Finanziert wird der Erwerb den Angaben zufolge aus dem Cashbestand, einer neuen Kreditfazilität sowie 6 Millionen eigenen Aktien, für die ein Wert von 26 Euro angesetzt wird. Die Nettoverschuldung werde nach dem Deal auf das 1,4-Fache des für 2022 erwarteten Ebitda steigen. Derzeit liege die Relation bei 1,1.

Wienerberger wertet die Transaktion als wesentlichen Schritt in der wertorientierten Wachstumsstrategie. Mit der Akquisition werde man zum „europäischen Experten für das Steildach“. Ziel sei, den jährlichen Dachabsatz auf 75 Millionen Quadratmeter zu verdoppeln. Vor allem die Sanierung und Renovierung in Deutschland und Frankreich würden ausgebaut. Dabei verweist das Unternehmen auf neue Pläne der französischen Regierung zur Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden.

Die Österreicher positionieren sich mit dem Deal auch für die Sanierung des Gebäudebestands, die als Kernkomponente der angestrebten Klimaneutralität gilt. „Wienerberger sieht in diesem Geschäftsfeld enormes Wachstumspotenzial“, betont CEO Heimo Scheuch. Dieses betreffe vor allem die Bedachung einschließlich Solar- und Wassermanagement.

In Frankreich seien zwei Drittel der Wohngebäude vor 1980 gebaut worden, in Deutschland 71 %. Diese Häuser werden in der Regel wenig energieeffizient beheizt. Etwa 30 % der Energie gehe über das Dach verloren.

Den Angaben zufolge betreibt Terreal in den zu übernehmenden Bereichen 29 Produktionsstätten mit 3 000 Mitarbeitern. Die Aktivitäten in Österreich, Polen und Ungarn sind von der Transaktion ausgenommen. Sie blieben unter Führung der bisherigen Eigentümer und würden in der Übergangsphase weiter unterstützt, heißt es.

Kernmarkt Frankreich

Terreal-Chef Laurent Musy bringt den Verkauf mit den hohen Energiepreisen und der immer dringenderen Dekarbonisierung in Verbindung, die das Bauwesen vor nie dagewesene Herausforderungen stellten. Ein Zusammenschluss mit Wienerberger ermögliche es, Investitionen, Innovation und Digitalisierung zu beschleunigen. Terreal vertreibt neben Creaton Marken wie San Marco, Ludowici und GSE Intégration.

80% des Umsatzes stellen Dachprodukte, 20% Wand und Fassade. Regional hat der Heimatmarkt Frankreich das größte Gewicht mit 60% Umsatzanteil. Auf Deutschland entfallen 28 %, auf Italien 5 % und andere Länder 7 %. Gegründet wurde das Unternehmen vor mehr als 150 Jahren. Im Umsatzprofil der erweiterten Wienerberger steigt der Renovierungsanteil um fünf Prozentpunkte auf 34 %. Auf neue Wohngebäude entfallen dann noch 46 % (bisher 49 %), auf Infrastruktur 20 (22) %.

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