ZVEI ruft EU zu mehr Tempo auf
jh München
Der Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) appelliert an die Europäische Union, Tempo für die Förderung der Halbleiterindustrie zu machen und die richtigen Anreize für Investitionen in Chips aller Strukturgrößen zu setzen. Europa müsse die Chancen der Megatrends Digitalisierung und Elektrifizierung jetzt nutzen, forderte Wolfgang Weber, der Vorsitzende der ZVEI-Geschäftsführung, in einem Pressegespräch: „Wer das verpennt, bekommt ein gigantisches Problem.“
Die im Rahmen des sogenannten European Chips Act vorgesehene Förderung von 43 Mrd. Euro sei gut investiertes Geld, sagte Weber. Dass der Bedarf an Halbleitern weiter wachse, sei keine Frage. Robert Kraus, der Vorsitzende der ZVEI-Fachgruppe Halbleiter und Chef von Inova Semiconductors in München, rechnet damit, dass sich der globale Halbleitermarkt bis 2030 auf rund 1 Bill. Dollar verdoppelt. 2022 wurden Chips im Wert von etwa 580 Mill. Dollar produziert, davon nicht einmal ein Zehntel in Europa (siehe Grafik). Damit die EU ihr Ziel erreiche, diesen Anteil bis 2030 auf 20% zu steigern, müssten sich die Fertigungskapazitäten in Europa um den Faktor 4 oder 5 erhöhen.
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte den EU Chips Act im Herbst 2021 angekündigt. Doch noch ist das Gesetz nicht verabschiedet. Auf die Frage, ob es nicht schneller gehen müsse, antwortete Weber, es gebe einen Zeitverzug. Maßstab sollte der US Chips and Science Act sein mit einem Volumen von rund 270 Mrd. Dollar. Wie in den USA müssten in Europa auch Forschung und Entwicklung gefördert werden und nicht nur der Ausbau der Produktionskapazitäten. Zudem nannte der Geschäftsführer die Energiekosten, da die Fertigung von Halbleitern stromintensiv ist. Weber verlangt: „Die Anstrengungen der Politik für die Stabilisierung der Strompreise müssen auch der Halbleiterindustrie zugutekommen.“
Aktuell geplant sind in Europa neue Chipfabriken unter anderem von Intel in der Nähe von Magdeburg sowie von Wolfspeed und ZF im Saarland. Infineon gab, wie berichtet, vor zwei Wochen bekannt, mit dem Bau eines weiteren Werks in Dresden im kommenden Herbst beginnen zu wollen. Kraus deutete an, dass sich TSMC, der größte Auftragsfertiger für Halbleiterprodukte, für einen Neubau noch nicht für die USA und somit gegen Europa entschieden habe. „Ich bin noch moderat positiv“, sagte er ohne den Namen des taiwanischen Konzerns zu nennen.
Zudem gebe es erste Gespräche über die Ansiedlung eines Unternehmens aus Taiwan in Deutschland für das Packaging, berichtete Kraus. Dabei geht es um den Einbau von Chips in Gehäuse. Packaging spiele eine immer größere Rolle.