EUROPAS KRISENANTWORT

750 Mrd. Euro für den Wiederaufbau

EU-Kommission geht über deutsch-französischen Vorschlag deutlich hinaus - Italien und Spanien profitieren

750 Mrd. Euro für den Wiederaufbau

Die EU-Kommission will zur Finanzierung des Wiederaufbaus nach der Coronakrise 750 Mrd. Euro in die Hand nehmen und geht damit noch einmal deutlich über die deutsch-französischen Vorschläge hinaus. Das Geld soll am Markt aufgenommen werden und erst ab 2028 zurückgezahlt werden.ahe Brüssel – Die Europäische Kommission hat einen Wiederaufbaufonds über 750 Mrd. Euro vorgeschlagen, um der europäischen Wirtschaft nach der Krise auf die Beine zu helfen. Das Geld soll über den EU-Haushalt in Form von nicht rückzahlbaren Zuschüssen (500 Mrd. Euro) und Krediten (250 Mrd. Euro) an von der Pandemie betroffene Staaten, Sektoren und Unternehmen verteilt werden. Deutschland und Frankreich hatten in der vergangenen Woche 500 Mrd. Euro für den Wiederaufbau vorgeschlagen, die aber komplett über Zuschüsse verteilt werden sollen.Laut EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wird das Programm “Next Generation EU” heißen. Es gehe darum, das soziale Gefüge der EU zu reparieren, den EU-Binnenmarkt zu schützen, die Bilanzen in ganz Europa auszugleichen und den “Fast-Forward”-Knopf hin zu einer grünen, digitalen und widerstandsfähigen Zukunft zu drücken, sagte sie vor dem EU-Parlament. “Was wir heute vorschlagen, ist nicht nur Ausdruck der Solidarität in der aktuellen Krise, sondern auch ein neuer Generationenvertrag für das Europa von morgen.”Das Geld für den Wiederaufbaufonds will die EU-Kommission am Kapitalmarkt aufnehmen und dabei von ihrem “AAA”-Rating profitieren. Die Rückzahlung der Anleihen soll erst mit Beginn des nächsten mittelfristigen Haushaltsrahmens beginnen, also frühestens 2028. Geplant ist dann eine Rückzahlung über 30 Jahre. Im Jahr 2058 soll die Tilgung abgeschlossen sein. In der Kommission erhofft man sich durch dieses Vorgehen die nötige politische Akzeptanz in den Mitgliedstaaten.Diese Akzeptanz hätte es bei der Ausgabe sogenannter “ewiger Anleihen”, die auch als “Consols” bekannt sind und vom Investor George Soros vorgeschlagen wurden, wohl nicht gegeben, hieß es in Brüssel. Von der Leyen stellte klar, dass es sich bei der Mittelaufnahme um eine einmalige Maßnahme handele, um der jetzigen Krise zu begegnen. Es gehe nicht um eine dauerhafte Verschuldung.Um das Geld müssen sich die EU-Staaten mit eigenen Anträgen und Projektvorschlägen bewerben. Die EU-Kommission hat allerdings schon Anteile für die einzelnen Mitgliedstaaten reserviert, die sich nach dem Ausmaß der wirtschaftlichen Krise richten. So soll das besonders von der Coronakrise betroffene Italien insgesamt bis zu 173 Mrd. Euro aus dem Wiederaufbautopf abrufen können: 82 Mrd. Euro in Form von Zuschüssen und 91 Mrd. Euro als Darlehen. Für Spanien wurden 77 Mrd. Euro an Zuschüssen und 63 Mrd. Euro an Krediten reserviert. Deutschland soll demnach knapp 29 Mrd. Euro abrufen können, Frankreich rund 39 Mrd. Euro.Der Wiederaufbaufonds soll Teil des nächsten mittelfristigen Finanzrahmens (MFR) der EU für die Jahre 2021 bis 2027 werden (siehe unten stehenden Artikel). Der Fonds soll an das Europäische Semester gekoppelt werden, um eine starke Koordinierung auf europäischer Ebene zu gewährleisten. Ziel ist, dass die zusätzlichen Mittel vor allem in europäische Schlüsselindustrien und -technologien investiert werden und so wichtige Versorgungsketten krisenfester machen, wie von der Leyen ausführte. Vor allem der “Green Deal” und der ohnehin geplante Just-Transition-Fonds sollen davon profitieren, aber auch Forschungs- und Digitalisierungsprogramme. Mehr Geld geht auch in Investitionen in wichtige Infrastrukturen – von 5G bis hin zur Gebäudesanierung.”Wir können jetzt den Grundstein legen für eine Union, die klimaneutral, digital und robuster aufgestellt ist als jemals zuvor”, warb von der Leyen für ihren Vorschlag. Die geplanten Zuschüsse für den Wiederaufbau bezeichnete sie als “eine gemeinsame Investition in unsere Zukunft”. Sie hätten mit den Schulden der Mitgliedstaaten aus der Vergangenheit nichts zu tun. Und die Finanzierung sei für jedes Mitgliedsland begrenzt. Nach Einschätzung der Kommissionschefin müssen sich die Mitgliedstaaten bis Juli über das Hilfspaket einigen.