Abwärtsdruck auf Preise lässt vorübergehend nach

Lagarde: Brauchen bis Mitte 2021 "Sicherheitsnetz"

Abwärtsdruck auf Preise lässt vorübergehend nach

rec Frankfurt – Die Inflation im Euroraum hat im Juli auf niedrigem Niveau überraschend leicht angezogen. Die Verbraucherpreise stiegen im Vergleich zum Vorjahr um 0,4 %, wie das Statistikamt Eurostat am Freitag in einer ersten Schätzung mitteilte. Volkswirte hatten im Schnitt damit gerechnet, dass die Teuerungsrate auf Jahressicht bei 0,3 % verharrt.Diese Entwicklung kam unerwartet, weil die gesunkene Nachfrage im Zuge der Coronakrise Ökonomen und Notenbanker zuletzt eher über mögliche Deflationsgefahren spekulieren ließ. Hinzu kommt, dass die temporäre Mehrwertsteuersenkung in Deutschland die Verbraucherpreise in der größten Volkswirtschaft Europas auf 0,0 % gedrückt hat (siehe BZ vom 31. Juli). In mehreren anderen Euro-Ländern war hingegen ein gegenläufiger Trend zu beobachten: In Italien sprang die Jahresteuerungsrate von – 0,4 % auf 0,9 %, in Frankreich von 0,2 % auf 0,9 %. ING-Ökonom Bert Colijn erklärt den ungewöhnlich starken Anstieg zum Vorjahresmonat damit, dass wegen der Coronakrise der Sommerschlussverkauf verschoben worden ist.Im August dürfte daher eine umso stärkere Gegenbewegung einsetzen. So legten schon im Juli im Dienstleistungsbereich die Preise im Euroraum lediglich um 0,9 % zum Vorjahr zu (nach zuvor 1,2 %). Colijn interpretiert dies als Hinweis auf nachlassenden Preisdruck bei der Kerninflation ohne die schwankungsanfälligen Preise für Energie und Lebensmittel. Dass diese im Juli von 0,9 auf 1,2 % anzogen, darf als trügerisch gelten.Die Europäische Zentralbank (EZB) dürfte an ihrem lockeren Kurs festhalten. Das signalisierte am Freitag auch EZB-Chefin Christine Lagarde. “Wir sollten davon ausgehen, dass die Unterstützung nach 2020 anhält”, sagte Lagarde in einem Interview der französischen Zeitschrift “Le Courrier Cauchois”. “Wir müssen wirklich ein Sicherheitsnetz und sehr attraktive Bedingungen bis mindestens Juni 2021 beibehalten.” Griechenlands Zentralbankchef Giannis Stournaras hatte zuvor der Nachrichtenagentur Bloomberg gesagt, über den Ausstieg aus dem Notfallanleihekaufprogramm PEPP (Pandemic Emergency Purchase Programme) werde weitergehend auf Basis der Inflationsentwicklung entschieden.