Gender Pay Gap

Der Gender Pay Gap bleibt ein Trauerspiel

Nur einmal im Jahr, zum Equal Pay Day, wird der Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern zum Thema. Am 6. März ist es wieder so weit.

Der Gender Pay Gap bleibt ein Trauerspiel

Alljährliches Trauerspiel

Von Alexandra Baude, Frankfurt

Es ist wieder mal so weit: Einmal im Jahr wird offengelegt und beklagt, wie groß der Verdienstunterschied zwischen Männern und Frauen ist. Die Erkenntnis, dass trotz vergleichbarer Position Frauen weniger verdienen, sich oftmals für schlechter dotierte Berufe entscheiden, mehr Teilzeit arbeiten, seltener Führungspositionen bekleiden und mehr Sorgearbeit als Männer leisten, ist nicht neu. Auch wenn die Zeiten der drei Ks Kinder, Küche, Kirche vorbei sind: So richtig vorangekommen ist die Gleichberechtigung in den vergangenen Jahren nicht. Immer noch schielt in Politik und Wirtschaft jeder auf den anderen in der Hoffnung, er möge endlich tätig werden. Untragbar, erhöht ein geringerer Verdienst doch das Risiko für Altersarmut.

Die Bestandsaufnahme für 2023 lautet deprimierend wie üblich: Der unbereinigte Gender-Pay-Gap verharrt seit 2020 schon bei 18%. So viel verdienen Frauen weniger pro Stunde als Männer. 2018 waren es 20%, 2006 noch 23%. Geht es in dem Tempo weiter, ist das von der Bundesregierung ausgerufene Ziel von 10% im Jahr 2030 utopisch. Wie unbefriedigend die Lage und wie wenig ambitioniert das Ziel ist, zeigt der Blick über den Tellerrand. Denn EU-weit bedeuten die von Eurostat ermittelten 17,7% des Jahres 2022 Platz vier. Größer ist die Lohnlücke nur in Estland (21,3%), Österreich (18,4%) und Tschechien (17,9%). 2022 verdienten allein in Luxemburg Frauen mehr als Männer, wenn auch nur 0,7%. Im Schnitt der 27 EU-Länder beträgt der Gehaltsabstand übrigens 12,7%.

Die nicht durch geringere Arbeitszeit, niedrigere Stundenlöhne und unterschiedlicher Erwerbsbiografie zu erklärende Differenz, der bereinigte Gender-Pay-Gap, liegt laut dem Statistischen Bundesamt bei 6%. Der Gender-Hours-Gap, also der Unterschied bei der Zeit, die für bezahlte Arbeit aufgebracht wurde, liegt bei 18%. Geht es hingegen um die unbezahlte Sorgearbeit, die Frauen leisten, ist der Unterschied merklich höher: 2022 lag der Gender-Care-Gap bei 43,8%. Denn während Frauen wöchentlich 30 Stunden mit Haushaltsführung, Kinderbetreuung, Pflege von Angehörigen oder freiwilligem und ehrenamtlichem Engagement verbrachten, schafften es Männer gerade mal auf 21 Stunden. Beim Gender-Employment-Gap, der die Erwerbsbeteiligung misst, beträgt der Unterschied 9%. Aus den Differenzen bei Verdienst, Arbeitszeit und Erwerbsbeteiligung errechnen die Wiesbadener Statistiker den Gender-Gap Arbeitsmarkt, der 2023 bei 39% stagnierte.

Wer nun aber glaubt, dass es nur beim Grundgehalt ungerecht zugeht, vertut sich: Bei Bonuszahlungen ist die Lohnlücke sogar noch größer, wie das Ifo-Institut berichtet. Die Untersuchung von über 270 Unternehmen in drei Ländern hat ergeben, dass Frauen hierzulande im Schnitt 6,1% weniger Bonus bekommen, während es in Österreich 7,2% und in der Schweiz 5,2% sind. Nimmt man jedoch Grundgehalt und Bonus zusammen, ergibt sich für Deutschland eine Lohnlücke von 3,0% beim Gesamtgehalt, für Österreich ergeben sich 2,9% und 1,6% in der Schweiz.

Wenig erbaulich ist auch der Blick auf die internationale Politik: Das weibliche Geschlecht ist in den nationalen Parlamenten immer noch unterrepräsentiert. Im globalen Durchschnitt ist gerade einmal gut ein Viertel aller Parlamentsabgeordneten weiblich. Zwar ein Fortschritt zu den 22,1% im Jahr 2014 oder den 15,2% von anno 2004. Mit einem Frauenanteil im Deutschen Bundestag von aktuell 35,3% reicht es nur für Platz 47 von 184. Spitzenreiter war der ostafrikanische Staat Ruanda mit 61,3%. Dass selbst ein nicht unbedingt als frauenfreundlich geltendes Land wie die Vereinigten Arabischen Emirate auf 50,0% kommt, ist schon irgendwie peinlich.

Und auch an den Unternehmensspitzen sieht es nicht gut aus: Bis zur Geschlechterparität unter Vorstandvorsitzenden der global wichtigsten börsennotierten Unternehmen würde es bei fortgeschriebener Entwicklung 81 Jahre dauern. Allein 2023 standen den 12,3% an Neuernennungen von Frauen 10% Abgänge gegenüber, beides Rekordwerte.

Nur einmal im Jahr, zum Equal Pay Day, wird der Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern zum Thema.

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