Altmaier sorgt sich um Standort
Seit Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) die finale Fassung seiner Industriestrategie vorgestellt hat, sind sieben Monate vergangen. Fast vier davon standen ganz im Zeichen der Coronakrise. Die Sorgen um die Wettbewerbsbedingungen am Industriestandort Deutschland reichen aber schon länger zurück. sp Berlin – Sieben Monate nach der Vorstellung der finalen Fassung seiner “Industriestrategie 2030” hat Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) seinen Blick über die anhaltenden Verwerfungen wegen der Coronakrise hinaus und wieder auf die strukturellen Wettbewerbsfaktoren für das verarbeitende Gewerbe am Standort Deutschland gerichtet. “Es gibt Herausforderungen, die älter sind als Corona”, sagte der Minister bei einem Treffen mit Vertretern der Industrie, Gewerkschaften und Wissenschaft im Wirtschaftsministerium in Berlin. Das 130 Mrd. Euro schwere Konjunkturprogramm, das die Regierung als Reaktion auf die Pandemie geschnürt hat, sei zwar eine starke Antwort auf die Krise. “Die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen muss aber auch durch strukturelle Maßnahmen gestärkt werden, die über das Konjunkturpaket hinausreichen”, sagte Altmaier.”Das ist deshalb wichtig, weil uns die Corona-Pandemie zwar sehr in Beschlag nimmt, aber all die Herausforderungen, die es seit vielen Jahren gibt in unterschiedlichsten Bereichen, nicht verschwunden sind”, so Altmaier weiter. Die Wirtschaftspolitik müsse in Zeiten von Corona die entschlossene Bekämpfung der Pandemie nicht nur mit der Vorbereitung des konjunkturellen Aufschwungs verbinden, sondern auch die langfristige strukturelle Veränderungen angehen. “Denn die globalisierte Welt dreht sich weiter und auch in anderen Ländern findet dieser Wettbewerb statt”, betonte Altmaier bei einer Konferenz im Rahmen des Bündnisses “Zukunft Industrie”. Versäumnis rächt sichInitiatoren des Bündnisses waren 2015 neben dem damals noch von Sigmar Gabriel (SPD) geführten Wirtschaftsministerium auch der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) und die IG Metall. Sie standen auch am Mittwoch an der Seite des Wirtschaftsministers. In den vergangenen Jahren seien wichtige Standortfragen immer wieder vertagt worden, weshalb Deutschland im internationalen Vergleich etwa beim Thema Unternehmenssteuern heute schlecht aufgestellt sei, erklärte BDI-Präsident Dieter Kempf. Das erschwere jetzt die Erholung. “Wer aus der Coronakrise mit starker Industrie herauskommen will, muss die Standortbedingungen stärken”, erklärte der BDI-Chef.Jörg Hofmann, erster Vorsitzender der Gewerkschaft IG Metall, machte sich ebenfalls für strukturelle Verbesserungen für die Industrie stark: “Die Stärkung des Standortes erfordert aktives staatliches Handeln und eine schlüssige Industriepolitik. Ziel muss sein, industrielle Wertschöpfung in Deutschland und in Europa zu sichern und Arbeitsplätze zu halten”, erklärte der Gewerkschaftsboss.Vor der Verbesserung der Standortbedingungen kam am Mittwoch aber erst einmal eine Standortbestimmung im Rahmen der Vorstellung einer Studie des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW). Gabriel Felbermayr, Präsident des IfW, das die Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandorts im Auftrag des Wirtschaftsministeriums zusammen mit der Unternehmensberatung McKinsey untersucht hat, unterstrich bei der Vorstellung der Analyse die Bedeutung der Industrie für den Standort. Sie biete gute Arbeitsplätze mit hohen Löhnen und trage wesentlich zum Produktivitätswachstum bei, das wiederum das Potenzialwachstum voranbringe. Seit 2015 gehe das Potenzialwachstum in Deutschland aber beständig zurück.