Altmaier will Industrie voranbringen

Industriestrategie 2030 plädiert für neue Champions - Feindliche Übernahmen mit Fonds verhindern

Altmaier will Industrie voranbringen

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier will angesichts des weltweiten Wettlaufs um Innovation und Arbeitsplätze den Industriestandort Deutschland stärken. Seine “Industriestrategie 2030” sieht vor, neue nationale und europäische Champions zu schaffen und feindliche Übernahmen mit einem Fonds zu verhindern.ba Frankfurt – Die wirtschaftliche und technologische Kompetenz, Wettbewerbsfähigkeit und Industrieführerschaft auf nationaler, europäischer und globaler Ebene will Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) mit seiner gestern vorgestellten “Nationalen Industriestrategie 2030” sichern. Deutschland müsse wieder “zum Gestalter statt Erdulder werden”, forderte er, um im weltweiten Wettlauf um Innovation und Arbeitsplätze bestehen zu können.Insbesondere die rasante Beschleunigung des Innovationstempos sei eine Herausforderung – wer neue Technologien verpenne, werde “zur verlängerten Werkbank der Länder, die rechtzeitig gehandelt haben”, sagte Altmaier gestern vor der Presse in Berlin. Industriebereiche, die einmal weg sind, seien “kaum oder nur schwer wiederzugewinnen”, so Altmaier. Er denkt dabei an die Stichworte Plattformökonomie, Digitalisierung, Elektromobilität oder künstliche Intelligenz. Hier sieht er noch Nachholbedarf, insbesondere bei der Kommerzialisierung praktischer Anwendungen.Und auch wenn die Stärkung des industriellen Mittelstandes von zentraler Bedeutung sei, so zähle doch Größe. So bereite es ihm Anlass zur Sorge, dass hierzulande kaum noch neue Großkonzerne entstünden – stattdessen hätten frühere Weltmarktführer wie AEG oder Grundig schon lange ihre Stellung verloren. In den USA und in China seien dagegen “in den letzten 20 Jahren zahlreiche neue große Weltmarktkonzerne entstanden”. Als Erfolgsgeschichte bezeichnete er Champions wie Siemens, Thyssenkrupp, die Automobilhersteller sowie die Deutsche Bank. “Der langfristige Erfolg und das Überleben solcher Unternehmen liegt im nationalen politischen und wirtschaftlichen Interesse, da sie erheblich zur Wertschöpfung beitragen”, sagte Altmaier. Mit Blick auf mögliche Fusionen fordert er, das Wettbewerbsrecht auf den Prüfstand zu stellen, damit für deutsche und europäische Firmen ein internationaler Wettbewerb “auf Augenhöhe” möglich bleibe. Hier erwähnte er die geplante Zugfusion von Siemens und Alstom, die aber wohl von der EU-Kommission verboten werden wird. Altmaier sagte, er wolle nichts erzwingen: “Ich bin kein Freund einer Ministererlaubnis.”Den Vorschlägen Altmaiers zufolge soll der Staat “in sehr wichtigen Fällen” zudem für einen befristeten Zeitraum auch Firmenteile erwerben können. Wobei sich allerdings langfristig der Anteil staatlicher Beteiligungen insgesamt nicht erhöhen dürfe. Dazu schlägt er eine nationale Beteiligungsfazilität vor, über deren Umfang regelmäßig dem Parlament zu berichten sei.Für seinen Entwurf erntete Altmaier Zuspruch, aber auch viel Kritik: Tomaso Duso vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) etwa sagte laut Reuters: “Die Politik ist mit planwirtschaftlicher Industriepolitik auf dem Holzweg.” Der Präsident des Automobilverbandes VDA, Bernhard Mattes, bemängelte, es fehlten Vorschläge, wie die Rahmenbedingungen für seine Branche konkret verbessert werden könnten. Besonders kritisch sind die Maschinenbauer. “Der Ankündigung direkter staatlicher Einmischung steht der Maschinenbau äußerst skeptisch gegenüber”, sagte der Hauptgeschäftsführer des Branchenverbandes VDMA, Thilo Brodtmann. Staatliche Eingriffe seien hier “eher Fluch als Segen”. Reinhold von Eben-Worlée, Präsident des Verbandes Die Familienunternehmer, spricht sogar von “industriepolitischer Hybris” Altmaiers. “Seine besserwisserische Subventionspolitik zerdrückt die Innovationskraft mittelständischer Familienunternehmer”, kritisierte von Eben-Worlée.