Kabinettsklausur

Ampel entlastet Unternehmen bei Steuern und Bürokratie

Nach ihrer zweitägigen Klausur auf Schloss Meseberberg hat die Bundesregierung ein Maßnahmenpaket auf den Weg gebracht. Es soll das stagnierende Wachstum wieder in Schwung bringen. Die Wirtschaft selbst reagierte verhalten. Die Regierung gehe in die richtige Richtung, aber überhaupt nicht weit genug.

Ampel entlastet Unternehmen bei Steuern und Bürokratie

Ampel kürzt Steuern und entbürokratisiert

Abschreibungserleichterungen für Unternehmen – Wirtschaft unzufrieden

Nach ihrer zweitägigen Kabinettsklausur hat die Bundesregierung ein Maßnahmenpaket auf den Weg gebracht. Es soll das stagnierende Wachstum wieder in Schwung bringen. Die Wirtschaft selbst reagierte verhalten. Die Regierung gehe mit den Vorhaben in die richtige Richtung, aber nicht weit genug.

wf Berlin

Mit steuerlichen Entlastungen für Unternehmen und dem Abbau von Bürokratie will die Ampel-Regierung das wirtschaftliche Wachstum wieder in Schwung bringen. „Wir brauchen ein großes Deutschlandtempo bei Genehmigungen, und wir brauchen eine Entlastung von unnötigen bürokratischen Prozeduren“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nach der Kabinettsklausur in Schloss Meseberg. Die aktuell stagnierende Wirtschaft will die Ampel ankurbeln. „Wir sind in einer Situation, in der das Wachstum nicht so stark ist, wie wir es uns wünschen“, sagte Scholz. Unternehmen will die Regierung dazu ermutigen, jetzt Investitionen zu tätigen. Viele Maßnahmen seien deshalb befristet. Die Wirtschaft begrüßte die Schritte, hält sie aber keineswegs für ausreichend.

Spürbare Entlastung

Das Wachstumschancengesetz bringt steuerliche Entlastungen von rund 7 Mrd. Euro im Jahr, wenn alle Maßnahmen wirken. Der Abbau von Bürokratie führt zu einem um 2,3 Mrd. Euro geringeren Erfüllungsaufwand für Verwaltungsvorschriften. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sprach nach der Klausur von einem „übergreifenden Signal“ der Ampel. „Diese Regierung kennt die Lage im Land“, unterstrich der Minister. „Die Regierung kennt die Situation der Wirtschaft, und sie reagiert, sie handelt“. Zuletzt hatten die Steuerschätzer im Mai deutliche Steigerungsraten bei der Belastung der Unternehmen in Deutschland mit Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer vorausgesagt (siehe Grafik).

Haltung der Ländern offen

Kernpunkt des Wachstumschancengesetzes ist die Einführung einer Investitionsprämie für Unternehmen, die ihnen die Transformation zu klimafreundlichem Wirtschaften erleichtern soll. Wohnungsbau und Bauwirtschaft sollen mit einer degressiven Abschreibung für Wohngebäude befristet unterstützt werden. Außerdem plant die Ampel, die degressive Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter auf Zeit wieder einzuführen und die steuerliche Forschungsförderung auszuweiten. Den steuerlichen Verlustabzug und die Sofortabschreibungen geringwertiger Wirtschaftsgüter will sie verbessern. Reformiert wird die Thesaurierungs­begünstigung und die Option zur Körperschaftsbesteuerung, um sie attraktiver zu machen. Die geplanten Steuerentlastungen schwanken stark je nach Jahr. 2024 führt der Regierungsentwurf zu Steuerausfällen von rund 2,7 Mrd. Euro. Auf den Bund entfallen davon 1,1 Mrd. Euro. Der Rest müssen die Länder mit fast 1 Mrd. Euro und die Gemeinden mit 600 Mill. Euro schultern. 2025 steigt die gesamte Entlastung auf 7,9 Mrd. Euro und erreicht 2026 mit 10,2 Mrd. Euro ihren Höhepunkt. Danach geht es wieder abwärts, da die Abschreibungsregelungen sukzessive auslaufen. In der Kasse des Bundes fehlen 2025 Steuereinnahmen von 2,9 Mrd. Euro und im Jahr danach 3,5 Mrd. Euro. Die übrigen Einnahmen fallen bei Ländern und Gemeinden aus.

Offen ist deshalb, ob die Ländern im Bundesrat dem Vorhaben zustimmen. „Ich höre, dass manche der Länder sich noch mehr vorstellen können und auch mehr fordern“, sagte Lindner. Andere hätten bei bestimmten Maßnahmen Skepsis zu Protokoll gegeben. Der Minister erinnerte daran, dass auch Länder und Gemeinden Interesse daran haben müssten, die steuerliche Einnahmebasis durch Impulse für die Wirtschaft zu sichern.

Zum Bürokratieabbau legte die Bundesregierung bei ihrer Klausurtagung in Meseberg Eckpunkte vor. So sollen etwa die handels- und steuerrechtlichen Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege von zehn auf acht Jahre verkürzt werden. Zudem sollen der Ausbau erneuerbarer Energien, das Vergabeverfahren und die Rüstungsexportkontrolle durch eine Vielzahl von Maßnahmen vereinfacht und beschleunigt werden. Für die Planung und den Betrieb von Wärmepumpen, den Windenergieanlagen-Ausbau, Unternehmensgründungen sowie Nachhaltigkeitsberichterstattung sind Praxis-Checks vorgesehen. Eine weitere Novelle soll das Baugesetzbuch systematisieren und vereinfachen.

Die Wirtschaft reagierte verhalten auf die Pläne der Bundesregierung. „Nötig ist ein echter Kurswechsel in der Wirtschafts- und Industriepolitik, der den Standort stärkt“, forderte Tanja Gönner, Hauptgeschäftsführerin des Industrieverbands BDI, zur Kabinettsklausur. Die Beschlüsse gingen zwar in die richtige Richtung, reichten aber bei weitem noch nicht aus. Die steuerliche Entlastung sei nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Der BDI fordert eine Unternehmenssteuerbelastung von 25%, wie sie international üblich sei.

Leitartikel Seite 2
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