US-ZENTRALBANKGESETZ

An der Kandare

Die Parlamentarier hatten sich das noch anders vorgestellt, als sie 1913 das Federal Reserve System aus der Taufe hoben und eine unabhängige US-Zentralbank gründeten. Seinerzeit ein Bestandteil der von Präsident Woodrow Wilson anvisierten Banken-...

An der Kandare

Die Parlamentarier hatten sich das noch anders vorgestellt, als sie 1913 das Federal Reserve System aus der Taufe hoben und eine unabhängige US-Zentralbank gründeten. Seinerzeit ein Bestandteil der von Präsident Woodrow Wilson anvisierten Banken- und Währungsreform, war es das Ziel, eine Institution frei von politischen Einflüssen zu haben. Nun aber wollen Republikaner die Fed an die Kandare nehmen und zwingen, ihre geldpolitischen Entscheidungen an einer mathematischen Formel zu orientieren. Das General Accounting Office, also eine Art Bundesrechnungshof der USA, würde faktisch zu einer Überwachungsinstanz, die darüber zu urteilen hätte, ob Zinsbeschlüsse den Regeln entsprechen.Die vehemente Opposition der Fed-Vorsitzenden Janet Yellen gegen ein solches Ansinnen ist berechtigt. Schließlich hat der US-Kongress 1977 mit einem ähnlichen Gesetz die Aufsicht bereits deutlich verschärft. Damit war Preisstabilität als Bestandteil des dualen Mandats der Zentralbank ebenso festgeschrieben worden wie die Forderung, dass die Fed in regelmäßigen Abständen dem Kongress Rede und Antwort steht.Der jüngste Vorstoß geht aber deutlich weiter und würde die noch verbleibende Unabhängigkeit der Notenbank restlos unterminieren. Die Fed würde faktisch zu einer Institution mutieren, die der Willkür einer Regierungspartei oder aktueller parlamentarischer Mehrheiten ausgeliefert ist.Gewiss muss sich Yellen bereits heute den Vorwurf gefallen lassen, dass die Notenbank nicht völlig frei von Politik ist. Republikaner meinen, der Aufschub der ersten Zinserhöhung seit 2006 sei das Ergebnis wachsenden Drucks seitens eines Präsidenten, der möglichst lange den politischen Nutzen aus den Folgen der ultralockeren Geldpolitik ziehen wolle. Auch wird Yellen vorgeworfen, zu häufig sozialpolitische Argumente in die Zinspolitik einfließen zu lassen, etwa qualitative Komponenten der Erholung am Arbeitsmarkt. Gleichwohl benötigt die Fed Spielraum, um unabhängige Entscheidungen zu treffen und im Bedarfsfall in einer Krise auch mit unkonventionellen Maßnahmen reagieren zu können.Das Gesetzeswerk hat durchaus Chancen, womöglich in abgeschwächter Form, von beiden Kongresskammern verabschiedet zu werden. Letztlich hat Yellen jedoch nichts zu befürchten. Denn in Präsident Barack Obama hat sie einen Verbündeten. Er hat unmissverständlich durchblicken lassen, dass er die Aushöhlung eines unabhängigen Zentralbanksystems nicht zulassen will und das Reformgesetz an seinem Veto scheitern wird.