Anleger blicken ruhig auf Eurozone

Wahl Macrons und politische Signale zur Kooperation lassen Ansteckungsrisiko sinken - Sentix-EBI

Anleger blicken ruhig auf Eurozone

Auf dem G 7-Gipfel in Italien wurden vor allem die Differenzen zwischen den Industrienationen deutlich. Im Nachgang aber häufen sich die Bekenntnisse von Politikern, dass Europa zusammenrücken muss. Auch Investoren sehen aktuell eher einen engeren Zusammenhalt als ein Auseinanderbrechen der Eurozone in den kommenden Monaten.ba Frankfurt – Anleger machen sich derzeit um den Zusammenhalt in der Eurozone weniger Sorgen als in den vergangenen Monaten. Der Euro Break-up Index (EBI) ist im Mai weiter gesunken. “Im Nachgang der französischen Präsidentschaftswahlen hat sich die Wahrnehmung der Anleger bezüglich der Euro-Krise nochmals stark entspannt”, resümiert Sentix-Geschäftsführer Manfred Hübner das Ergebnis der monatlichen Umfrage, an der sich diesmal 946 Investoren beteiligt haben. G 7-Gipfel gibt ImpulseEinen positiven Einfluss hatte laut Hübner nicht nur die Wahl Macrons an sich, sondern auch die “damit einhergehenden politischen Signale, die auf eine engere Kooperation in der EU abzielen”. Und derer gibt es viele. Etwa aktuell im Nachgang des G 7-Gipfels im italienischen Taormina. SPD-Vorsitzende Martin Schulz (SPD) sagte im Fernsehen: “Europa ist die Antwort. Eine stärkere Kooperation der europäischen Staaten auf allen Ebenen ist die Antwort an Donald Trump.”Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erklärte bei einer Wahlkampfveranstaltung in München: “Wir Europäer müssen unser Schicksal wirklich in unsere eigene Hand nehmen.” Die Zeiten, in denen man sich auf andere völlig habe verlassen können, seien ein Stück weit vorbei, sagte sie mit Blick auf den Blockadekurs von US-Präsident Donald Trump. “Wir müssen selber für unsere Zukunft kämpfen, als Europäer”, zitierte die Nachrichtenagentur dpa-afx die Kanzlerin. Dem Appell für mehr Eigenständigkeit und Geschlossenheit schloss sich auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker an. Die Kommission habe bereits Ideen vorgelegt, wie die Europäer bei besonders wichtigen Fragen wie Handel, Verteidigung und Sicherheit gemeinsam vorankommen wollten, sagte Junckers Sprecher Margaritis Schinas am Montag. “Dabei geht es genau darum sicherzustellen, dass Europa sein eigenes Schicksal bestimmt.” Europa bleibe aber offen für die Welt und bereit, sich zu engagieren. Hart erkämpftes BekenntnisAm vergangenen Wochenende gab es einzig in der Handelspolitik eine Annäherung der Staats- und Regierungschefs der G 7. Um das bisher selbstverständliche Bekenntnis auf G 7-Gipfeln zu offenen Märkten und gegen Protektionismus musste diesmal hart gerungen werden. Die Differenzen beim Klimaschutz und bei dem Umgang mit Flüchtlingen konnten hingegen in Taormina nicht ausgeräumt werden.Die deutsche Wirtschaft zeigte sich nach dem Gipfel in Sorge um die Handelsbeziehungen mit den USA. Dieter Kempf, Präsident des Bundesverbandes der deutschen Industrie (BDI), forderte, dass Europa global mehr Verantwortung übernehmen und die internationalen Handelsregeln aktiver mitgestalten müsse, als dies bislang der Fall war. Die USA blieben ein entscheidender Partner und die transatlantische Partnerschaft für Europa enorm wichtig, so Kempf. Er mahnte daher noch intensivere Gespräche an, “damit der G 20-Gipfel in Hamburg noch zu einem Erfolg werden kann”. Ähnlich unzufrieden zeigte sich DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben. Handel und Investitionen seien kein Nullsummenspiel, zitiert ihn die Nachrichtenagentur Reuters. Daher müsse weiterhin nach einer Verständigung für faire Wettbewerbsregeln gesucht werden.Weniger holprig verlief dafür der Start in den Beziehungen zwischen Berlin und Paris nach der Präsidentschaftswahl von Anfang Mai. Beide Länder wollen der deutsch-französischen Zusammenarbeit neuen Schwung verleihen und so der EU Impulse geben. Die Finanzminister von Deutschland und Frankreich haben denn auch bereits eine gemeinsame Initiative zur Stärkung der Eurozone und der EU angekündigt. Wolfgang Schäuble und Bruno Le Maire stimmten überein, dass eine tiefere Koordinierung und Integration der Wirtschaftspolitik nötig sei (vgl. BZ vom 23. Mai). Dazu müssten einige wirtschaftspolitische Themen angegangen werden: Nationale Reformmaßnahmen müssten verstärkt, hohe öffentliche wie private Schuldenstände sowie makroökonomische Ungleichgewichte reduziert und die Konvergenz der Unternehmensbesteuerung befördert werden, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung nach dem Antrittsbesuch Le Maires bei Schäuble in Berlin. Eine gemeinsame Arbeitsgruppe soll bereits im Juli Reformvorschläge vorlegen. Zur Stärkung der Eurozone schließen weder Macron noch Merkel EU-Vertragsveränderungen aus. Der Idee von Euro-Bonds, also der Vergemeinschaftung alter Schulden, erteilten beide Staatschefs aber eine klare Absage. Risiken für Eurozone sinkenAuch wenn Macron am 11. und 18. Juni bei der Wahl zur Nationalversammlung erst noch eine Mehrheit erreichen muss, um seine Reformagenda durchsetzen zu können, hat der Sieg über die rechtspopulistische EU-Gegnerin Marine Le Pen bereits dazu geführt, dass der EBI für das gemeinsame Währungsgebiet auf 11,4 % und damit den niedrigsten Stand seit Herbst 2015 gefallen ist. Im April lag der Gesamtindex für die Eurozone noch bei 13,6 %, das bisherige Tief wurde im Juli 2014 bei 7,6 % erreicht. Auch das Risiko der Ausbreitung hat sich im Mai laut dem Analysehaus Sentix von 41,5 % auf 34,1 % ermäßigt. Der Teilindex für Frankreich ist von 3,5 % auf 1,1 % “und damit in die Nähe der Bedeutungslosigkeit” gesunken, sagte Hübner. Auch das Austrittsrisiko für Italien sei spürbar zurückgegangen – von 7,4 % auf 5,5 %. Lediglich Griechenland bleibe aus Sicht der Anleger “ein markantes Risiko für den Euro”, erklärte Hübner: Der Index gab “lediglich” um 0,5 Prozentpunkte auf 8,2 % nach. Während der Index für Deutschland bei 1,1 % verharrte, stieg die Austrittswahrscheinlichkeit für Frankreich leicht um 0,4 Punkte auf 0,6 % an.—-Kommentar Seite 1