Anziehende Preiserwartungen bringen der EZB Zeit

Volkswirte halten an langfristiger Inflationsprognose von 1,7 Prozent fest - Marktindikator legt spürbar zu

Anziehende Preiserwartungen bringen der EZB Zeit

ms Frankfurt – Trotz der anhaltenden und erneut zugespitzten Coronakrise gehen von der EZB regelmäßig befragte Volkswirte weiterhin davon aus, dass die Inflation im Euroraum auf längere Sicht in Richtung des 2-Prozent-Ziels der EZB steigt. Laut dem am Freitag veröffentlichten Survey of Professional Forecasters (SPF) für das vierte Quartal erwarten die befragten Ökonomen in fünf Jahren eine Inflation von 1,7 %. Zusammen mit den zuletzt spürbar gestiegenen marktbasierten Inflationserwartungen dürfte das die Europäische Zentralbank (EZB) darin bestärken, erst einmal Kurs zu halten und ihre Politik nicht bald erneut zu lockern.Die Umfrage kam einen Tag nach der ersten Zinssitzung der Euro-Hüter im Jahr 2021, bei der der EZB-Rat seine ultralockere Politik bekräftigt hatte. Die Notenbanker untermauerten dabei zwar ihre Bereitschaft, falls nötig nachzulegen. Zugleich gaben sie aber keine Signale, dass weitere Wirtschaftshilfen auf der Agenda stehen. Speziell den mittel- und längerfristigen Inflationserwartungen kommt für die Geldpolitik eine große Bedeutung zu, weil sie etwa über die Preis- und Lohnsetzung auch die tatsächliche Inflation in der Zukunft wesentlich mitbestimmen.Die EZB zeigte sich am Freitag zuversichtlich ob der unveränderten längerfristigen Inflationserwartung im SPF. “Die durchschnittlichen längerfristigen Erwartungen in dieser Runde des SPF bestätigten die früheren Anzeichen einer Stabilisierung und möglicherweise Hinweise auf eine leichte Aufwärtsdynamik”, so die EZB. Nach der ersten Hochphase der Coronakrise waren die längerfristigen Inflationserwartungen auf 1,6 % gesunken. Die umfragebasierten Erwartungen gelten als weniger volatil, so dass schon kleine Veränderungen oft für Aufsehen sorgen.Noch dramatischer hatten allerdings die marktbasierten Inflationserwartungen auf den Ausbruch der Pandemie und die dadurch ausgelöste Jahrhundertrezession reagiert. Das auch von der EZB viel beachtete langfristige Euro-Inflationsbarometer, der sogenannte Five-Year Five-Year Forward, war im Frühjahr sogar deutlich unter 1 % gefallen, zeitweise auf 0,72 % im März 2020 (siehe Grafik). Inzwischen hat das Barometer wieder spürbar zugelegt. Am Freitag lag es bei rund 1,32 %.In den vergangenen Wochen hat unter Volkswirten und Marktakteuren eine Diskussion an Fahrt aufgenommen, inwieweit die seit Jahren extrem niedrige Inflation vor einem Comeback stehen könnte. Hintergrund ist neben Basis- und Sondereffekten nicht zuletzt auch die beispiellose Geldflut der Notenbanken und Regierungen im Kampf gegen die Coronakrise. Auch im Euroraum dürfte die Inflation, die im Dezember bei – 0,3 % lag, deutlich anziehen. Im Herbst könnte sie gar an der 2-Prozent-Marke kratzen.Die EZB hat in den vergangenen Tagen und Wochen aber bereits deutlich gemacht, dass sie das eher als temporäres Aufflackern der Inflation sieht und nicht als einen dauerhaften Anstieg. Damit signalisiert sie, dass sie auf absehbare Zeit die ultralockeren Geldpolitik kaum zurückfährt.