Schon vor den Steuererhöhungen

Britische Arbeitslosigkeit steigt

In Großbritannien ist die Arbeitslosigkeit schon vor dem Haushalt der Labour-Regierung gestiegen. Doch das Lohnwachstum bleibt hoch.

Britische Arbeitslosigkeit steigt

Arbeitslosigkeit steigt
in Großbritannien

Lohnwachstum stärker als von Volkswirten erwartet

hip London

In Großbritannien ist die Arbeitslosigkeit schon gestiegen, bevor die Steuer- und Abgabenerhöhungen der neuen Labour-Regierung greifen. Das Lohnwachstum war allerdings stärker als erwartet, nicht zuletzt dank großzügiger Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst.

Wie das Statistikamt ONS mitteilte, stieg die Arbeitslosenquote in den drei Monaten per Ende September auf 4,3%. Für den Ende August ausgelaufenen Dreimonatszeitraum hatte sie noch bei 4,0% gelegen. Volkswirte hatten im Schnitt mit einem Wert von 4,1% gerechnet. Aufgrund der geringen Teilnahmebereitschaft ist die Labour Force Survey allerdings nicht besonders verlässlich.

NHS treibt Lohnwachstum an

Die Löhne stiegen im Schnitt um 4,3%. Ökonomen hatten im Mittel 3,9% auf der Rechnung. In der Privatwirtschaft gingen die Löhne allerdings um 4,8% nach oben, was den Annahmen im jüngsten Inflationsbericht der Bank of England (BoE) entspricht. Betrachtet man die Daten der Steuerbehörde HMRC, beschleunigte sich das Einkommenswachstum gar auf 7%. Dafür sorgte der jüngste Tarifabschluss für die Mitarbeiter des öffentlichen Gesundheitswesens NHS. Aus Sicht der Volkswirte der Lloyds Banking Group werden die Daten den „Gradualisten“ im geldpolitischen Komitee (Monetary Policy Committee, MPC) der BoE Munition liefern. Sie wollen den Leitzins langsamer senken als bislang am Markt erwartet.

Warten auf Auswirkungen des Haushalts

„Doch in Wirklichkeit fühlen sich die Daten wegen der bei der Vorstellung des Haushalts Ende Oktober angekündigten Veränderungen bei den Sozialversicherungsbeiträgen für Arbeitgeber älter an als zum Zeitpunkt der Veröffentlichung üblich“, heißt es in der ersten Einschätzung der schottischen Großbank. Indikatoren dafür, wie sich die von Schatzkanzlerin Rachel Reeves angekündigten Steuer- und Abgabenerhöhungen auf die Arbeitslosigkeit auswirken, würden dagegen aufmerksam beobachtet.

Der Verband des Hotel- und Gaststättengewerbes, UK Hospitality, hatte in einem offenen Brief an Reeves vor den Folgen der Änderungen bei den Sozialversicherungsbeiträgen gewarnt. Künftig müssen Arbeitgeber nicht nur um 1,2 Prozentpunkte höhere Beiträge zahlen. Die Versicherungspflichtgrenze wird von 9.100 auf 5.000 Pfund gesenkt.

Geringverdiener besonders betroffen

Das bedeutet, dass Arbeitgeber für Bezieher niedriger Einkommen einen besonders starken Anstieg verkraften müssen. Für Mitarbeiter mit einem Einkommen von 100.000 Pfund steigen die Sozialversicherungsbeiträge des Arbeitgebers UK Hospitality zufolge um moderate 13,6%.

Für Beschäftigte, die 25.000 Pfund verdienen, erhöhten sie sich dagegen um 36,7%. Und für Mindestlohnempfänger in Teilzeitjobs schnellten sie um 74,5% nach oben, also gerade für Eltern und ältere Menschen, die flexible Arbeitszeiten benötigten.

Höhere Arbeitslosigkeit droht

Die Branche habe keine Möglichkeit, die höheren Kosten an die Kunden weiterzugeben, schreibt der Verband. Stattdessen seien die Firmen gezwungen, Investitionen zu überdenken, „in drastischem Umfang“ Stellen zu streichen und die Arbeitszeit der Mitarbeiter zu reduzieren.

Das gefährde unter anderem Catering-Vereinbarungen mit Schulen, Krankenhäusern und Gefängnissen.Die wirtschaftliche Inaktivität ging auf 21,8% zurück. Die Beschäftigungsquote stieg auf 74,8%, bewegt sich aber unter dem vor der Pandemie erreichten Niveau.

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