Arbeitsmarkt trotzt Konjunkturflaute

Erst zum Jahresausklang hinterlässt die blutarme Wirtschaftsentwicklung leichte Spuren

Arbeitsmarkt trotzt Konjunkturflaute

2019 war ein Rekordjahr in Sachen Beschäftigung. Daran ändert auch der Dezember nichts, in dem erstmals seit sechs Jahren wieder mehr Menschen arbeitslos waren als im Vorjahresmonat. Die Firmen setzen zunehmend auf Kurzarbeit. Und der Fachkräftemangel droht zur Wachstumsbremse zu werden.Reuters/rec Frankfurt – Der deutsche Arbeitsmarkt hat 2019 Rekordmarken gesetzt, zum Jahresausklang hat die schwache Konjunktur aber leichte Spuren hinterlassen. Erstmals seit der Wiedervereinigung fiel die Arbeitslosenzahl im Jahresdurchschnitt unter 2,3 Millionen, wie die Bundesagentur für Arbeit (BA) am Freitag mitteilte. Im Dezember waren dann erstmals seit sechs Jahren mehr Menschen arbeitslos als ein Jahr zuvor. Saisonbereinigt lag ihre Zahl um 8 000 höher als im Oktober und um 18 000 über dem Vorjahresniveau.Eine Bestmarke erreichte im November auch die Erwerbstätigkeit. Laut BA waren nicht saisonbereinigt 45,62 Millionen Menschen beschäftigt, das waren 0,7 % mehr als vor einem Jahr. Und das, obwohl die deutsche Volkswirtschaft stagniert und die exportabhängige Industrie in der Rezession verharrt. Für Arbeitsmarktexperten ein weiterer Beleg, dass sich Beschäftigung und Wirtschaftsentwicklung “entkoppelt” haben. Auch deshalb sagt BA-Chef Detlef Scheele: “Wir gucken relativ optimistisch in die Zukunft.”Das größte Problem sieht die Arbeitsagentur nicht etwa in Verwerfungen im Welthandel, sondern im Arbeitskräfteangebot. Hier registrieren ihre Experten für 2020 kaum noch Zuwächse. Die geburtenstarken Jahrgänge gehen nun in Rente. Das Forschungsinstitut der BA geht davon aus, dass Zuwanderung und höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen und Älteren dies kaum noch ausgleichen können, so dass 2020 ein mageres Plus von 40 000 Arbeitskräften stehen könnte. “Der Fachkräftemangel ist mittelfristig die eigentliche Wachstumsbremse in Deutschland”, sagte Scheele. Bei der Erwerbstätigkeit erwartet die BA nur noch ein geringes Plus von 120 000.Scheele zufolge hat zuletzt vor allem in konjunkturabhängigen Branchen wie dem verarbeitenden Gewerbe die Dynamik nachgelassen. Die konjunkturelle Kurzarbeit legte – wenn auch auf geringem Niveau – deutlich zu: Im Oktober waren 87 000 Beschäftigte in Kurzarbeit. Das waren laut Scheele 47 000 mehr als vor einem Jahr. Betroffen seien vor allem Betriebe in der Auto- und Zulieferindustrie, bei denen Strukturwandel und Konjunkturflaute zusammenträfen. Dort gebe es “einzelbetrieblich schwierige Situationen”. Kurzarbeit gilt als wesentliches Instrument, um Stellenabbau größeren Ausmaßes zu verhindern und die Beschäftigung in Krisenzeiten stabil zu halten. Die BA erwartet, “dass die Zahl der Arbeitnehmer in konjunktureller Kurzarbeit in den nächsten Monaten weiter zunehmen wird”.