Staatsverschuldung

Argentinien kann IWF-Kredit nicht bedienen

Argentinien wird seine Verbindlichkeiten beim Internationalen Währungsfonds (IWF) vorerst nicht umschulden. Das bekräftigte Vizepräsidentin Cristina Kirchner.

Argentinien kann IWF-Kredit nicht bedienen

af Buenos Aires

Argentinien wird seine Verbindlichkeiten beim Internationalen Währungsfonds (IWF) vorerst nicht umschulden. Das bekräftigte Vizepräsidentin Cristina Kirchner: „Wir können nicht zahlen, denn uns fehlt das Geld dazu“, sagte sie in der Kleinstadt Las Flores.

Auch wenn Kirchner sich mit diesem Satz auf das ursprüngliche Abkommen von 2018 bezog, werteten die Finanzmärkte die Aussage als Beleg anhaltender Gerüchte, dass Argentinien in diesem Jahr keine Einigung mit dem Fonds mehr suche, um den größten jemals vom Fonds freigegebenen Stand-by-Kredit umzuwandeln in einen neuen Vertrag nach dem „Extended Funds Facility Program“, das eine Rückzahlung innerhalb von zehn Jahren vorsieht.

Die Märkte reagierten deutlich. Unmittelbar nach Kirchners Ansprache fielen argentinische Dollar-Anleihen mit Fälligkeit im Jahr 2030 um 0,9 Cent pro Dollar auf 34,15 Cent. Am Donnerstag rutschten sie weiter auf 33,65 Cent. Auch die Kosten für die Absicherung gegen Verluste auf Argentiniens Schulden sprangen auf den höchsten Stand, seitdem das Land voriges Jahr die Zahlungsunfähigkeit hinter sich ließ.

Zum gleichen Zeitpunkt, als Kirchner ihre Erklärung vortrug, konferierte Argentiniens Finanzminister Martín Guzmán noch in Washington mit der IWF-Spitze, und Präsident Alberto Fernández hielt eine Videokonferenz mit dem Direktor der Weltbank David Malpass. Dieser hatte 2018 als Spitzenbeamter des US-Fi­nanzministeriums unter der Trump-Administration den Rekordkredit an Argentinien entscheidend angeschoben. Fernández versprach dem Weltbank-Chef, dass sein Land seine Verpflichtungen erfüllen werde.

Nachher fragten sich Medien und Anleger, ob diese Widersprüche Zufall oder Strategie seien. Waren sie weitere Indizien für eine Spaltung der Regierung? Einig war man sich darüber, dass die Aussagen der Präsidentin die Kampagne für die Parlamentswahlen am 24. Oktober einläuten. Kirchner sprach an einem für ihr Publikum eminent wichtigen Datum. Am 26. März jährte sich zum 45. Mal der letzte Militärputsch. In einer für sie typischen Geschichtsklitterung brachte Kirchner am Mittwoch die mörderische Militärherrschaft und den IWF auf einen Nenner. Zudem behauptete sie, dass ihr politisches Lager stets für Schulden aufkomme, die andere aufgenommen hätten. Darum erbat sie die Unterstützung der Opposition, um gemeinsam beim IWF längere Laufzeiten für eine Rückzahlung zu verlangen sowie den Zinssatz zu reduzieren. Doch der Fonds hatte wiederholt dargelegt, dass Regularien, die für alle IWF-Mitglieder gelten würden, nicht für Argentinien modifiziert werden könnten. Weil Kirchner das nur zu gut weiß, fürchten viele, dass die mächtigste Figur in der Regierungskoalition in Wirklichkeit einen Bruch mit dem IWF vorbereitet.

In dieser Linie lesen viele auch die kurz vor Kirchners Ansprache verkündete Regierungsentscheidung, die sogenannte Lima-Gruppe zu verlassen. Dieser Zusammenschluss amerikanischer Regierungen wurde 2017 gegründet, um Druck auf Venezuelas Machthaber Nicolás Maduro auszuüben. Dieser Schritt dürfte in Washington ähnlich negativ aufgenommen worden sein wie Kirchners Ansage zum Kredit des Internationalen Währungsfonds.

Der IWF erklärte am Donnerstag, die Visite von Guzmán sei „positiv“ verlaufen. Fonds-Sprecher Gerry Rice sagte, Argentiniens Finanzminister habe weder um eine Verlängerung der Rückzahlfrist noch um niedrigere Zinsen angesucht.