Aufruf zur Einigkeit im EZB-Rat
ba Frankfurt – Der ungewohnt öffentlich ausgetragene Zwist im Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) über die im September beschlossenen Lockerungsschritte soll der Vergangenheit angehören: Im gestern veröffentlichten Protokoll der Sitzung vom 24. Oktober findet sich ein ausdrücklicher Aufruf, die Streitigkeiten zu beenden. Wörtlich heißt es darin: “Mit Blick auf die Zukunft wurde eindringlich zur Einigkeit im EZB-Rat aufgerufen.” Offene Diskussionen im EZB-Rat seien “zwar absolut notwendig und legitim”, es sei aber ebenso wichtig, “einen Konsens herbeizuführen und sich geschlossen hinter das Engagement des EZB-Rats zur Erreichung seines Inflationsziels zu stellen”.Im September hatte die EZB die Wiederaufnahme der Anleihenkäufe im Volumen von monatlich 20 Mrd. Euro beschlossen, sowie die Senkung des Zinssatzes der Einlagenfazilität um zehn Basispunkte auf -0,5 % und die Einführung eines Staffelzinses. Gegen die erneuten Anleihekäufe ab Anfang November stimmte wohl rund ein Drittel der Ratsmitglieder. Nach der Sitzung hatten unter anderem die Notenbankchefs von Deutschland, Frankreich, Österreich, den Niederlanden und Estland ihre Kritik öffentlich gemacht.Laut dem Protokoll sieht sich der EZB-Rat angesichts der seit der vorherigen Sitzung neu verfügbaren Daten in ihrer Einschätzung bestätigt, dass die ausgeprägte konjunkturelle Abschwächung im Euroraum und eine kontinuierlich hinter dem Inflationsziel zurückbleibende Teuerung “die damals gefassten geldpolitischen Beschlüsse rechtfertigten”. Diese müssten vollständig umgesetzt werden. Zudem wurde zur Geduld aufgerufen, damit die Maßnahmen auf die Wirtschaft durchwirken könnten. Zugleich wurde auch angemahnt, “dass auch die möglichen Nebenwirkungen geldpolitischer Maßnahmen angemessen zu berücksichtigen seien”. Aber auch die Politiker wurden laut Protokoll erneut in die Pflicht genommen: “Sie müssten entschiedener dazu beitragen, die Wirtschaft des Eurogebiets zu stützen.”Die Oktober-Sitzung war die letzte unter Mario Draghi. Am 12. Dezember wird seine Nachfolgerin, Christine Lagarde, ihre erste Zinssitzung leiten. Von ihr wird erwartet, dass sie wie auch beim IWF stärker eine moderierende Rolle einnehmen und in den kommenden Monaten die geldpolitischen Leitlinien der EZB auf den Prüfstand stellen wird. Am heutigen Freitag hält Lagarde ihre erste große geldpolitische Rede.