Auftragsbücher der deutschen Industrie leeren sich rasant
Auftragsbücher der Industrie leeren sich rasant
Besonders starke Rückgänge bei Autoherstellern und im Maschinenbau – Reichweite sinkt ebenfalls
ba Frankfurt
Die Auftragsbücher der ohnehin leidgeprüften deutschen Industrie leeren sich zusehends. Und dies im September im Rekordtempo. Die Reichweite nimmt ebenfalls weiter ab. Frühbarometer, wie etwa der Einkaufsmanagerindex, deuten an, dass die Industrie noch länger in der Abschwungphase verharren wird. Auch wenn das Bundeswirtschaftsministerium die Talsohle im dritten Quartal erreicht sieht und für den Jahreswechsel mit einer beginnenden Erholung rechnet.
Laut dem Statistischen Bundesamt (Destatis) ist der Auftragsbestand im Verarbeitenden Gewerbe preis-, saison- und kalenderbereinigt um 0,8% zum August gesunken. Dies war nicht nur der dritte Rückgang in Folge, sondern auch der kräftigste im Monatsvergleich seit Beginn der Erhebung im Jahr 2015. Der Auftragsbestand liegt nun auf dem Niveau von Oktober 2021. Für den Jahresvergleich meldet Destatis ein Minus von kalenderbereinigt 5,4%.
Anhaltender Rückgang in der Autoindustrie
Maßgeblich für den starken Rückgang im Monatsvergleich waren erneut die beiden deutschen Vorzeigebranchen: So sank der Auftragsbestand in der Automobilindustrie im September um 2,9%, nachdem er im August schon um 2,8% gefallen war. Beim Maschinenbau folgte ein Minus von 2,7% einem Rückgang um 1,0%.
Niveau bleibt aber hoch
"Insbesondere in der Automobilindustrie hatten sich in den Jahren 2020 bis 2022 aufgrund von Lieferengpässen historisch hohe Auftragsbestände angestaut", erklärten die Wiesbadener Statistiker dazu. Seit Januar 2023 sinke hier der Auftragsbestand. "Trotz des starken Rückgangs im Jahresverlauf sind die Auftragsbestände in der Automobilindustrie in einer längerfristigen Betrachtung aber noch auf einem hohen Niveau", betonten die Statistiker. Ähnlich, jedoch weniger ausgeprägt, sei die Lage im Maschinenbau.
Die offenen Aufträge aus dem In- und Ausland reduzierten sich dabei im September im Monatsvergleich in einem ähnlichen Umfang. Die Reichweite, also die Zeit, die die Unternehmen bei gleichbleibendem Umsatz theoretisch produzieren müssten, um die bereits vorhandenen Aufträge abzuarbeiten, reduzierte sich weiter: Im September waren es 7,0 Monate – nach 7,1 Monaten im August und 7,2 Monaten im Juli.
Wegen der schwachen globalen Nachfrage hat die stark exportlastige Industrie die Produktion im September unerwartet deutlich gedrosselt. Dies hat neben dem weiter im Trend rückläufigen Auftragseingang die Konjunktursorgen noch mehr angeheizt. Denn bei den wichtigsten Handelspartnern Deutschlands, den USA und China, läuft die Wirtschaft auch nicht vollends rund bzw. wird eine Abschwächung erwartet. Zudem sind die Folgen der geldpolitischen Straffungen noch nicht vollends in der Realwirtschaft angekommen.
Revision erwartet
Ökonomen erwarten mittlerweile, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) doch stärker als bislang mit 0,1% gemeldet geschrumpft ist. Im Schnitt gehen sie von einem Rückgang um etwa 0,3% aus. Das vierte Quartal dürfte wegen der schwachen Vorgaben ebenfalls mit roten Zahlen enden. Womit nach zwei Minusquartalen die deutsche Wirtschaft qua Definition in die Rezession gerutscht wäre. Kommenden Freitag legt Destatis die zweite Schätzung zur BIP-Entwicklung im Sommer vor.