Industrie

Auftragspolster türmt sich weiter auf

Die deutsche Industrie kommt mangels Vorprodukten mit der Produktion einfach nicht hinterher: Auch im März haben Auftragsbestand und Reichweite zugelegt. Chinas rigide Coronapolitik lässt kaum Hoffnung auf Besserung zu.

Auftragspolster türmt sich weiter auf

ba Frankfurt

Der sich verschärfende Materialmangel lässt den Auftragsstau der deutschen Industrie immer länger werden. Im März kletterte der Orderbestand laut Zahlen des Statistischen Bundesamts (Destatis) preis-, saison- und kalenderbereinigt um 0,6% zum Vormonat. Im Vergleich zum Vorjahr lag der Bestand der Bestellungen um 20,7% höher. Mit Ausnahme des Januar 2022 haben die Industriebetriebe seit Juni 2020 in jedem Monat mehr Aufträge eingesammelt, als sie erfüllen konnten. Und auch die Reichweite nimmt sukzessive zu: Für März wird sie von Destatis mit 8,0 (Februar: 7,9) Monaten ausgewiesen – einem neuen Höchststand seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 2015. Die Reichweite gibt an, wie lange theoretisch bei gleichbleibendem Umsatz produziert werden müsste, um die bereits vorhandenen Aufträge abzuarbeiten.

Die Wiesbadener Statistiker führen den Nachfrageüberhang auf die anhaltend hohe Knappheit an Vorprodukten zurück: „Infolge anhaltender Einschränkungen durch die Coronakrise und des Ukraine-Kriegs haben viele Unternehmen wegen gestörter Lieferketten nach wie vor Probleme beim Abarbeiten ihrer Aufträge“, erklärten sie. Die jüngste Ifo-Umfrage signalisiert für April nur eine leichte Entspannung: 75,0% der Firmen klagten über Engpässe und Probleme bei der Beschaffung von Vorprodukten und Rohstoffen. Im März waren es noch 80,2% und damit fast so viele wie im Dezember 2021, als mit knapp 82% ein neuer Höchststand gemessen worden war.

Die rigide Coronapolitik Chinas verschärft aber das Lieferkettenproblem – und belastet die Weltwirtschaft zusätzlich. Der CDU-nahe Wirtschaftsrat etwa fürchtet einen neuen Konjunktureinbruch hierzulande. „Ich habe Sorge, dass wir noch mal eine Delle in die Konjunktur wegen der Unterbrechung der Lieferketten bekommen“, sagte Astrid Hamker, Präsidentin des Wirtschaftsrates, laut Reuters. Die Folgen durch den Lockdown in Chinas Wirtschaftsmetropolen seien noch gar nicht eingepreist, sondern wirkten sich erst in einigen Wochen aus.

Auch US-Finanzministerin Janet Yellen beklagt die zentrale Rolle Chinas bei den weltweiten Lieferketten. Die Lockdowns in der Volksrepublik machten deswegen die weltweiten Probleme beim Warenfluss gegenwärtig noch schlimmer, sagte sie laut Reuters vor einem Treffen der G7-Finanzminister. Dies sei „ein Grund zur Sorge“. Am Dienstag hatte Yellen vor dem Brüsseler Wirtschaftsforum dazu aufgerufen, die weltweiten Lieferketten zu diversifizieren. Unter anderem müsse versucht werden, wichtige Mineralien wie Seltene Erden aus anderen Quellen zu beziehen, um die Abhängigkeit von China zu verringern.