Aus Sicht der meisten Ökonomen ist die Euro-Krise am Abklingen

Nur 25 Prozent halten Target-2-Salden für gefährlich - Umfrage der Börsen-Zeitung unter Chefvolkswirten

Aus Sicht der meisten Ökonomen ist die Euro-Krise am Abklingen

lz Frankfurt – Das Schlimmste in der Euro-Krise ist überstanden. Davon ist jedenfalls eine knappe Mehrheit von Bankökonomen überzeugt. Die Börsen-Zeitung hat 32 Chefvolkswirte um entsprechende Voten gebeten. 47 % gehen davon aus, dass der Zenit der Euro-Krise inzwischen überschritten ist; 44 % rechnen allerdings noch mit weiteren dramatischen Zuspitzungen. Befragt nach der voraussichtlichen Dauer der Krise, geht die Gesamtheit der Befragten im Durchschnitt (Median) von noch etwa drei Jahren aus.Unterstützung erfährt die deutsche Politik von den Ökonomen in ihrer Weigerung nach einer weiteren Aufstockung des Euro-Rettungsfonds. Nur 28 % der Chefvolkswirte halten die Forderungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) nach einer Anhebung des Volumens auf 1 Bill. Euro für gerechtfertigt. Der Löwenanteil von 72 % stimmte dagegen.Nach Meinung der Mehrheit der Ökonomen sollte man den Stimmungen und Wünschen der Märkte nicht stets nachgeben, weil dann das bisher aufgebaute Vertrauen erschüttert werde. Sylvain Broyer von Natixis hält die Volumendiskussion für den Euro-Rettungsfonds ohnehin für eine “Scheindebatte”. Denn nur die Zentralbank oder der IWF könnten einen authentischen Schutz gegen eine akute Liquiditätskrise geben. Alexander Krüger vom Bankhaus Lampe warnt davor, dass viele der Zahlerländer zudem aufpassen müssten, dass “sie sich bei den Garantien nicht verheben” würden. Das gelte auch für Deutschland. Und Jörg Krämer von der Commerzbank betont den erzieherischen Effekt eines eher knapp bemessenen Fonds. Die Peripherieländer brauchten “heilsamen Stress”, um sich zu den schmerzhaften Reformen durchringen zu können. Ein noch größerer Rettungsfonds hätte die Politiker zu sehr entspannt.Auch im Hinblick auf die bei der Bundesbank aufgelaufenen Target-2-Salden geben sich die befragten Chefvolkswirte eher unbekümmert: 16 % halten diese Forderungen der Bundesbank an die Notenbanken der Krisenländer in der Eurozone sogar für geradezu “harmlos”, 53 % zeigten sich indifferent und votieren dafür, die Situation schlicht “auszusitzen”; nur 25 % sprechen in diesem Zusammenhang von einer gefährlichen Lage.Target-2 ist ein Zahlungsverkehrssystem, über das nationale und grenzüberschreitende Zahlungen in Zentralbankgeld abgewickelt werden. Die EZB fungiert dabei als zentrales Clearinghaus. Derzeit hat die Bundesbank 547 Mrd. Euro an Target-2-Forderungen an andere Notenbanken ausstehen.Nach Ansicht der allermeisten Chefvolkswirte sind die Target-Salden nur ein “Symptom” der Krise und hätten keine eigenständige Risikoqualität. Sobald sich die Lage am Geldmarkt entspanne, so Holger Schmieding von der Berenberg Bank, würden auch die Salden wieder kleiner werden. Die Forderungen, so einige Volkswirte, würden erst dann fällig, wenn die Eurozone auseinanderfliege, dann aber hätte man noch ganz andere Probleme zu stemmen. Einige Ökonomen schlagen gleichwohl vor, die Forderungen durch die Hinterlegung von Vermögenswerten zu unterfüttern oder wie in den USA über einen Mechanismus für einen periodischen Ausgleich der Salden nachzudenken.—– Umfrage Seite 7