Ausnahmezustand
Das Bundeswirtschaftsministerium hat am Mittwoch nun doch noch die Frühwarnstufe im Notfallplan Gas ausgerufen. In der vergangenen Woche hatte das Ministerium eine entsprechende Forderung des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft mit dem freundlichen Hinweis zurückgewiesen, dass die Versorgungssicherheit bei Gas in Deutschland gewährleistet sei. Das ist zwar weiterhin der Fall, wie Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck betonte. Die Ankündigung des russischen Präsidenten Wladimir Putin, für Gaslieferungen nach Europa künftig nur noch die Bezahlung in Rubel zu akzeptieren, mache es aber erforderlich, sich auf mögliche Liefereinschränkungen oder Lieferausfälle vorzubereiten, erklärte das Ministerium.
Die Drohung aus Moskau besteht nicht erst seit gestern. Die G7-Staaten haben mit ihrer gemeinsamen Erklärung vom Wochenanfang, dem Erpressungsversuch aus Moskau nicht nachgeben zu wollen und an ihren Sanktionen gegen Russland festzuhalten, die Wahrscheinlichkeit von Liefereinschränkungen aber erhöht. Am Mittwoch hat der Kreml seine eigene Drohung nach allgemeiner Lesart zwar wieder etwas abgeschwächt. So soll die Umstellung der Zahlungsmodalitäten für russische Gaslieferungen nun doch nicht schon am Donnerstag in Kraft treten. Verlassen wird sich darauf aber auch in Deutschland niemand mehr. Ganz unabhängig davon, was Putin bei seinem für Donnerstag geplanten Treffen mit Vertretern des russischen Gaskonzerns Gazprom und der russischen Notenbank für die Energieexporte nach Europa dekretiert, muss Deutschland sich auf eine Notlage vorbereiten. Die Ausrufung der Frühwarnstufe ist deshalb folgerichtig und sinnvoll.
Von einer frühen Warnung kann angesichts des energiepolitischen Ausnahmezustands, in dem sich nicht nur Deutschland seit der russischen Invasion in der Ukraine befindet, keine Rede sein. Der US-Börsenbetreiber Intercontinental Exchange soll bereits darüber nachdenken, die Teilnahmebedingungen am Geschäft mit niederländischen Erdgas-Futures zu verändern, weil die Preisausschläge der vergangenen Wochen die Liquidität im Rohstoffhandel ausgetrocknet haben. Doch auch wenn die Marktteilnehmer längst gewarnt sind, muss die Bundesregierung jetzt die Voraussetzungen für den Notfall treffen. Der Bundesnetzagentur kommt dabei eine Schlüsselrolle zu. Sie sitzt mit in dem Krisenstab der Bundesregierung, der mit Ausrufen der Frühwarnstufe auch formell seine Arbeit aufgenommen hat.