FRANKREICH

Balanceakt für Macron

Frankreich steht am Scheideweg. Nachdem die wirtschaftliche Erholung nach dem starken Einbruch während der strengen Ausgangssperre bisher besser als angenommen verlief, muss es Präsident Emmanuel Macron nun gelingen, den rasanten Anstieg der...

Balanceakt für Macron

Frankreich steht am Scheideweg. Nachdem die wirtschaftliche Erholung nach dem starken Einbruch während der strengen Ausgangssperre bisher besser als angenommen verlief, muss es Präsident Emmanuel Macron nun gelingen, den rasanten Anstieg der Corona-Infektionen einzudämmen. Das ist aber nicht die einzige Herausforderung, vor der er steht. Denn Gelbwesten und Gewerkschaften haben mit ersten Protestaktionen bereits das Ende der Sommerpause eingeläutet. Noch ist der Zuspruch relativ gering. Doch wenn nun die zahlreichen Kurzarbeitsprogramme auslaufen, Firmen pleitegehen und die Arbeitslosenquote wie vom Statistikamt Insee prognostiziert bis Jahresende stark ansteigt, dürfte der Unmut der Bevölkerung wachsen. Das kürzlich lancierte Konjunkturpaket von 100 Mrd. Euro dürfte daran zumindest erst mal nicht viel ändern, da die darin enthaltenen Mittel erst für die nächsten Jahre vorgesehen sind. Gleichzeitig werden es weniger verhinderte Firmenpleiten und gerettete Arbeitsplätze sein, die nun für Schlagzeilen sorgen dürften, als vielmehr der Anstieg der Arbeitslosigkeit.Macron erwarten deshalb entscheidende Wochen. Ihm muss der Drahtseilakt gelingen, auf der einen Seite den starken Anstieg der Neuinfektionen zu stoppen und auf der anderen Seite alles dafür zu tun, um eine strenge Ausgangssperre wie im Frühjahr zu vermeiden. Denn die wäre für die zweitgrößte Volkswirtschaft der Eurozone katastrophal. Wandte sich Macron während der Ausgangssperre oft direkt an die Bevölkerung, hält er sich nun eher im Hintergrund und versucht stattdessen, außenpolitisch als Macher zu punkten. Deshalb muss er sich nun die Kritik gefallen lassen, Gesundheitsminister Olivier Véran und seinem neuen Regierungschef Jean Castex die unangenehmen Aufgaben zu übertragen. Zumal die bisher verkündeten Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Infektionen recht sprachlos lassen. Denn die Entscheidungen überträgt die Regierung nun den zum jeweiligen Zeitpunkt besonders betroffenen Regionen. Damit reagieren Macron und sein Team auf die Kritik, die Krise im Frühjahr gerade im Vergleich zu Deutschland schlecht gemanagt zu haben. Da das zentralistische Frankreich während der ersten Welle alles zentral in Paris entschieden hat, will man nun dem deutschen Beispiel folgen. Ob die Strategie in Frankreich erfolgreich ist, muss sich erst zeigen. Fest steht jedoch bereits, dass die steigenden Infektionszahlen und die deshalb von anderen Ländern ausgesprochenen Reisebeschränkungen die wirtschaftliche Erholung bremsen.