Bank of America prophezeit China große Zukunft

Analyst sieht Volksrepublik weiter wachsen - Ära der Globalisierung und des Multilateralismus vorbei

Bank of America prophezeit China große Zukunft

jw Frankfurt – Wenn es um China geht, ist Ajay Singh Kapur, Experte bei der Bank of America Merrill Lynch, deutlich optimistischer als viele seine Kollegen. China werde noch “deutlich stärker werden”, sagte Kapur am Dienstag auf einer Veranstaltung in Frankfurt. Auch in den nächsten Jahren werde das Land mit Raten von 6 bis 7 % wachsen und an den USA vorbeiziehen. Grund dafür sei, dass Peking alle fünf Grundlagen für innovationsgetriebenes Wachstum besitze, vor allem auf diese Art von Wachstum komme es in Zukunft an. Bei den Militärausgaben schließe China die Lücke zu den USA immer mehr, 2035 würden beide dann fast gleichauf liegen. Das sei auch deshalb so wichtig, da Militärausgaben eng mit Ausgaben für Forschung und Entwicklung verlinkt seien. Zum Beispiel werden viele Militärtechnologien auch im zivilen Leben genutzt. Während China im Jahr 2000 noch 0,9 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in den Bereich Forschung und Entwicklung investiert habe, sei der Anteil auf aktuell auf 2,1 % gestiegen. China sei bereits der zweitgrößte Patentantragsteller weltweit. 2018 habe das Land fast so viele Patente angemeldet wie die USA, und Huawei sei die Firma mit den mit Abstand am meisten Patentanmeldungen. Auch bei Aufsätzen in wissenschaftlichen Zeitschriften habe China die USA bereits überholt, genauso wie bei der Anzahl der Studenten in naturwissenschaftlichen und ingenieurwissenschaftlichen Fächern. Viele WachstumsquellenAls letzten Faktor nennt der Aktienanalyst und Experte für die chinesische Wirtschaft, Unternehmertum. Auch hier zieht China Kapur zufolge immer mehr nach. Es liege bei der Anzahl der Einhörner (Start-ups, die mit über 1 Bill. Dollar bewertet sind) zwar noch unter den USA, aber schon deutlich vor Europa und Indien.Hinzu komme eine Bandbreite an neuen Wachstumsquellen für China, wie künstliche Intelligenz, Verteidigung, eine große und reichere Mittelschicht, die Neue Seidenstraße und Investitionen in eine saubere Umwelt. China habe noch viel Wachstumspotenzial, so Kapur. Ökonomen, die deutlich skeptischer gegenüber Chinas Zukunft sind, wie US-Ökonom Nicolas Lardy, der Pekings stagnierenden Reformwillen unter Xi Jinping bemängelt, antwortet Kapur: “Sie brauchen keine Reformen, wenn sie eine 14 Bill. Dollar große Wirtschaft sind, die mit Raten von 7 % wächst”. Außerdem habe China in der Vergangenheit sehr wohl Reformen angegangen, etwa indem es Überkapazitäten auf der Angebotsseite abgebaut, Kredite an Firmen im Schattenbanksektor zurückgefahren und zuletzt den Marktzugang und Kapitalmarkt geöffnet habe. Wenn es wirklich so viel Überkapazität gäbe, dürfte die Inflation nicht dort liegen, wo sie jetzt liegt. Kapur erwartet im Zuge des Handelskonflikts sogar noch mehr Öffnung von China – obwohl er davor warnt, den Konflikt so zu nennen. Viel mehr als ein Handelskrieg sei es ein Verteidigungs- und Technologiewettbewerb um die größere globale Einflussnahme. Dieser Konkurrenzkampf sei auch bei einer baldigen Einigung im Handelsstreit noch lange nicht vorbei, sondern werde in den nächsten Jahren eher zunehmen.Kapur sieht die Weltwirtschaft an einem Wendepunkt. Die Globalisierung habe ihren Höhepunkt erreicht. Statt auf Kooperation und Multilateralismus würden die Staaten immer mehr auf Wettbewerb und Nationalismus setzen.