Bank of England dreht den Hahn auf

Britischer Schatzkanzler verlängert Lohnsubventionierung bis Ende März - Negative Brexit-Folgen erwartet

Bank of England dreht den Hahn auf

In Großbritannien arbeiten Geldpolitik und Fiskalpolitik dieser Tage Hand in Hand. Die Bank of England stockte ihr Anleihenkaufprogramm gestern stärker als erwartet auf. Schatzkanzler Rishi Sunak kündigte kurz darauf umfassende Coronahilfen an. Die Lohnsubventionierung soll bis März fortgesetzt werden.hip London – Die Bank of England hat ihr Anleihenkaufprogramm um 150 Mrd. Pfund aufgestockt. Kurz darauf kündigte Schatzkanzler Rishi Sunak an, das Lohnsubventionierungsprogramm der Regierung bis Ende März zu verlängern. Man wolle sicherstellen, dass Unternehmen gut über den Winter kommen. “Die Sicherheit, die wir schaffen, wird Millionen von Arbeitsplätzen erhalten”, sagte Sunak. Ursprünglich sollte das Coronavirus Job Retention Scheme (CJRS), bei dem die Regierung bis zu 80 % der Löhne und Gehälter von zwangsbeurlaubten Arbeitnehmern zahlte und die Sozialversicherungsbeiträge der Arbeitnehmer übernahm, Ende Oktober auslaufen. Wer nach dem 23. September entlassen wurde, könne wiedereingestellt und erneut in den Zwangsurlaub geschickt werden. Dem Schatzamt zufolge kostet das Programm pro Million Teilnehmer 1 Mrd. Pfund monatlich. Zudem stockte Sunak die Hilfen für Selbständige auf. Die Labour-Finanzpolitikerin Anneliese Dodds kritisierte das CJRS als “stumpfes Instrument”. Paul Johnson, der Direktor des Institute for Fiscal Studies, monierte, die Hilfen gingen nicht weit genug. Die Ankündigungen wirkten “wie zwischen Tür und Angel ausgedacht”.Die Bank of England hatte die Verkündung ihrer Zinsentscheidung auf 7:00 Uhr Ortszeit vorgezogen, um die Bühne für den Schatzkanzler freizumachen. Der Leitzins wurde unverändert bei 10 Basispunkten belassen. Volkswirte hatten im Schnitt mit einer Aufstockung der Anleihenkäufe der Bank of England um lediglich 100 Mrd. Pfund gerechnet. Die Notenbank stellte dadurch sicher, dass das Programm bis Ende 2021 weitergehen kann, denn das Tempo ihrer Käufe wird sie voraussichtlich nicht erhöhen. Derzeit erwirbt sie monatlich Schuldentitel für 12 Mrd. bis 13 Mrd. Pfund. Die Einzelheiten dazu sollen aber erst nach der Sitzung des geldpolitischen Komitees im Dezember veröffentlicht werden.Wenn das Programm abgearbeitet ist, sitzt die “Old Lady of Threadneedle Street” auf einem Anleihenbestand im Volumen von gut zwei Fünfteln des Bruttoinlandsprodukts. Bankvolkswirte werteten die Ankündigung als Einstieg in eine Politik des Quantitative Easing ohne festen Endpunkt. Andrew Bailey, der Gouverneur der Bank of England, ließ keinen Zweifel daran, dass die Notenbank bei Bedarf nachlegen wird. “Wir sind hier, um alles zu tun, was wir können, um die Menschen in diesem Land zu unterstützen”, sagte Bailey. “Wir werden es tun. Und wir werden es schnell tun.”Die Zentralbankökonomen erwarten nicht mehr, dass der reibungslose Handel mit der EU nach Auslaufen der Brexit-Übergangsfrist weitergeht. “Wenn Großbritannien den gemeinsamen Markt und die Zollunion der EU verlässt, wird angenommen, dass für den Handel zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU Restriktionen in Kraft treten”, heißt es im gestern vorgelegten Inflationsbericht. “Mit der Zeit wird sich deshalb vermutlich der Handel sowohl mit Gütern als auch mit Dienstleistungen verringern.” Der reduzierte Handel mit der Staatengemeinschaft werde sich negativ auf Produktivität und Wachstum auswirken. Erneute SchrumpfungDie Notenbankvolkswirte verabschiedeten sich auch von der Vorstellung, dass die Wirtschaft nach dem durch die Pandemie ausgelösten Absturz im zweiten Quartal eine V-förmige Erholung vollzieht. Nachdem gestern ein erneuter Lockdown in Kraft trat, erwarten die Volkswirte der Bank of England, dass das Bruttoinlandsprodukt im laufenden Quartal um 2 % schrumpfen wird. Für das Gesamtjahr gehen sie von einem wirtschaftlichen Einbruch von 11 % aus, dem im kommenden Jahr zwar eine Erholung folgen wird. Sie setzen für 2021 aber nur noch ein Wachstum von 7,25 (zuvor: 9) % an und rechnen erst für Anfang 2022 damit, dass die britische Wirtschaft wieder so stark sein wird wie vor Ausbruch der Pandemie. Die Arbeitslosigkeit wird ihren Höchststand nach ihren Schätzungen nun erst im zweiten Quartal 2021 erreichen.