Bank of England hofft auf die Wende

Im Szenario der Zentralbank setzt schon im kommenden Jahr eine rasante Konjunkturerholung ein

Bank of England hofft auf die Wende

Die Bank of England gibt sich vom Erfolg der staatlichen Hilfsmaßnahmen für die britische Wirtschaft überzeugt. Schon für das kommende Jahr sieht das “illustrative Szenario” der Notenbanker eine rasante Aufholjagd vor. Doch erst einmal geht es so deutlich bergab wie in mehr als 300 Jahren nicht. hip London – Die Bank of England geht in einem “illustrativen Szenario” davon aus, dass die britische Wirtschaft im laufenden Jahr um 14 % schrumpfen wird. Es wäre rekonstruierten Daten zufolge der steilste Absturz seit mehr als 300 Jahren. Den im europäischen Vergleich bereits pessimistischen Annahmen liegt neben einer schrittweisen Lockerung der Ausgangsbeschränkungen in den kommenden Monaten auch noch die Bedingung zugrunde, dass es bis zum Jahresende zum Abschluss eines umfassenden Handelsabkommens mit der EU kommen wird. Doch schon für das kommende Jahr haben die Notenbankvolkswirte ein Wachstum von 15 % angesetzt. 7:2 für den Status quoVielleicht stimmten deshalb nur zwei der neun Mitglieder des geldpolitischen Komitees – Jonathan Haskel und Michael Saunders – bei der jüngsten Sitzung des geldpolitischen Komitees der Notenbank für eine Ausweitung der jüngsten Runde von Anleihenkäufen um 100 Mrd. auf 300 Mrd. Pfund. Der Leitzins befand sich mit 0,1 % bereits auf einem historischen Tief und wurde unverändert gelassen. Andrew Bailey, der Gouverneur der Bank of England, verwies auf die Maßnahmen der Zentralbank, durch die Kredite verbilligt, die Banken zur Kreditvergabe angeregt und das ordnungsgemäße Funktionieren der Finanzmärkte sichergestellt werden sollten. “Das Ausmaß des Schocks und der zum Schutz der öffentlichen Gesundheit erforderlichen Maßnahmen bedeutet, dass ein wesentlicher Verlust an Wirtschaftsleistung trotz dieser sehr bedeutenden Unterstützungsmaßnahmen kurzfristig unvermeidbar gewesen ist”, sagte Bailey. Die Erholung werde Zeit in Anspruch nehmen, aber viel schneller erfolgen als nach der Finanzkrise. Dennoch gehe die Bank davon aus, dass die negativen Auswirkungen auf die Nachfrage noch ein Jahr nach Beginn der Lockerung der Ausgangsbeschränkungen spürbar sein werden.”Wir gehen davon aus, dass die Bank of England das Quantitative Easing (QE) ausweiten wird, weil der Markt das so erwartet”, schrieben die Volkswirte der Bank of America. “Nicht zu liefern, würde eine stärkere Verschärfung der Finanzierungsbedingungen und eine niedrigere Teuerungsrate als im Szenario der Bank of England nach sich ziehen.” Die Notenbank erscheine “reaktiv”. Bailey habe durchblicken lassen, man habe die Anleihekäufe nicht ausgeweitet, weil sich die Daten der kommenden Wochen auf das Ausmaß des erforderlichen Stimulus auswirken dürften. Es sei jedoch unwahrscheinlich, dass sie ein Ende des QE im Juni nahelegen werden, so das Urteil der Volkswirte. Kauft die Notenbank im derzeitigen Tempo weiter, wäre das aktuell angesetzte maximale Kaufvolumen Anfang Juli erschöpft. Auch andere Bankvolkswirte erwarten von der MPC-Sitzung im kommenden Monat eine Aufstockung der Anleihekäufe um 50 Mrd. bis 100 Mrd. Pfund.Im ebenfalls vorgelegten Finanzstabilitätsbericht werden die möglichen Kreditausfälle der Banken bei Eintreten dieses Szenarios auf 80 Mrd. Pfund beziffert. Die staatlichen Hilfsprogramme für die Wirtschaft seien dabei bereits berücksichtigt worden. Das Finanzstabilitätskomitee gehe davon aus, dass alle den Instituten verordneten Kapital- und Liquiditätspuffer heruntergefahren werden könnten, um der Wirtschaft über den aktuellen Schock hinwegzuhelfen, heißt es im ebenfalls vorgelegten Protokoll der jüngsten Sitzung. Beim Stresstest der Bank of England wurden 2019 Verluste von 120 Mrd. Pfund unterstellt. Das Bankensystem erwies sich als widerstandsfähig genug. Allerdings könnte ein Preisrutsch am Wohnimmobilienmarkt Tausende Hausbesitzer unter Wasser drücken.”Wir treten in eine Phase ein, in der sich die Bewertung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verändert, wenn mehr Hinweise verfügbar werden”, schrieb Commerzbank-Volkswirt Peter Dixon in einer ersten Einschätzung: “Deshalb sollten wir uns davor hüten, die wirtschaftlichen Prognosen der Bank of England für mehr zu halten als einen Versuch, etwas Licht ins Dunkel zu bringen, während wir uns vorantasten.”