Bank of England in der Zwickmühle

Geldpolitiker halten Leitzins vor den Parlamentswahlen stabil - Zwei Abweichler fordern Lockerung

Bank of England in der Zwickmühle

Zwei Abweichler im geldpolitischen Komitee der Bank of England haben eine Senkung des Leitzinses befürwortet und damit das Pfund unter Druck gesetzt. Vor den Parlamentswahlen am 12. Dezember wollte die Zentralbank den Leitzins aber nicht antasten. Sie senkte jedoch ihre Wachstumsprognosen.hip London – Die Bank of England hat den Leitzins vor den anstehenden Parlamentswahlen am 12. Dezember bei 0,75 % unangetastet gelassen. Nachdem Entscheidungen des geldpolitischen Komitees (MPC) zuletzt einstimmig gefällt wurden, sprachen sich nun gleich zwei Mitglieder – der Neuzugang Jonathan Haskel und Michael Saunders – für eine Zinssenkung um 25 Basispunkte aus. Prompt geriet das Pfund am Devisenmarkt unter Druck. Die Notenbank habe Signale für eine Zinssenkung gesendet, hieß es dort. “In Wirklichkeit setzt sich durch das geteilte Votum nur die Entfernung sowohl der Notenbank als auch des Marktes von der Ansicht fort, dass die Zinsen notwendigerweise steigen müssen”, sagte Rupert Thompson, Head of Research beim Vermögensverwalter Kingswood.Die Befürworter einer weiteren Lockerung der Geldpolitik, die den Ausstieg aus den während der Finanzkrise ergriffenen Notstandsmaßnahmen nie geschafft hat, verwiesen auf Indikatoren wie Stellenausschreibungen, die auf eine Wende am Arbeitsmarkt hindeuteten. Zudem gebe es Abwärtsrisiken durch eine schwächere Weltkonjunktur und eine länger anhaltende Ungewissheit rund um den Brexit, die sich auf das Ausgabeverhalten von Unternehmen und Privathaushalten auswirken könnte. Deshalb bedürfe es zusätzlicher Stimuli.Die Mehrheit der Komiteemitglieder zog es allerdings vor, weiter abzuwarten. Schließlich dürfe davon ausgegangen werden, dass die jüngsten Entwicklungen in den Brexit-Verhandlungen einen Teil der bisherigen Unsicherheit beseitigen würden. “Die Geldpolitik könnte auf Veränderungen des wirtschaftlichen Ausblicks in jede Richtung reagieren, um eine nachhaltige Rückführung der Teuerungsrate auf ihren Zielwert von 2 % zu gewährleisten”, hieß es im Protokoll der MPC-Sitzung. Die Ökonomen der Notenbank nahmen ihre Prognosen für das Wachstum weiter nach unten. Für das laufende und das kommende Jahr setzten sie wie schon im August 1,25 % an. Für 2021 senkten sie allerdings ihre Schätzung von 2,3 % auf 1,8 %. Für 2022 setzten sie 2,0 % an. Den Hintergrund der niedrigeren Erwartungen bilden die Aufwertung des Pfund seit August und eine pessimistischere Sicht des weltweiten Wirtschaftswachstums. Dabei haben die Zentralbankvolkswirte mit Blick auf die Zinserwartungen an den Märkten einen Leitzins von 0,5 % angesetzt (siehe Grafik), was sich ebenfalls als Signal für eine Zinssenkung missverstehen ließ.Die Teuerungsrate wird den Annahmen der Bank of England zufolge in den kommenden beiden Jahren unter dem Zielwert bleiben, bis sie 2022 auf 2,25 % steigt. Für das laufende Quartal verorten die Notenbankökonomen sie bei 1,4 %.”Im Vorlauf einer der am stärksten spaltenden Parlamentswahlen der jüngeren Geschichte ist die Relevanz der Prognosen der Bank of England fragwürdig”, konstatierte Joshua Roberts, Associate Director beim Risikoberater JCRA. “Wie üblich basieren sie auf der Politik der amtierenden Regierung, etwa auf der Verabschiedung des von Boris Johnson ausgehandelten Brexit-Abkommens. Marktteilnehmer werden verständlicherweise zögern, sich auf diese Annahmen zu verlassen.” Die Unterzeichnung eines Brexit-Abkommens ist nur eine der Grundannahmen. Hinzu kommen eine lange Übergangsphase, nachlassende Ungewissheit bereits im kommenden Jahr und eine Erholung des weltweiten Wachstums. Die Volkswirte der Deutschen Bank halten diese Annahmen für “mit wesentlichen Risiken behaftet”.