IM GESPRÄCH: JÜRGEN MICHELS

BayernLB erwartet Aktienkäufe der EZB

Chefvolkswirt: Spätestens Ende 2020

BayernLB erwartet Aktienkäufe der EZB

jh München – Die Bayerische Landesbank (BayernLB) rechnet fürs nächste Jahr mit ersten Aktienkäufen der Europäischen Zentralbank (EZB). Spätestens Ende 2020 werde die EZB damit beginnen, sagt Jürgen Michels, der Chefvolkswirt der Bank, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. “Ich kann mir vorstellen, dass dafür spezielle Aktienindizes einzelner Länder und mit einem breiten Spektrum zusammengestellt werden.” Michels ergänzt: “Alles außer Banken.” Sonst könnten Interessenkonflikte entstehen.Andere Fachleute, etwa von J.P. Morgan, zählen Aktienkäufe zu den letzten Mitteln der EZB, die zudem der Europäische Gerichtshof verhindern könnte (vgl. BZ vom 12. September). Die Bank of Japan kauft schon seit Ende 2010 in stetig steigendem Maß Aktien, die Schweizerische Nationalbank investiert ein Fünftel ihrer Fremdwährungsreserven weltweit in Aktien. Befürworter erhoffen sich von solchen Käufen eine höhere Inflation und mehr Wachstum, da die Finanzierungskosten von Unternehmen sinken sollen. Zumindest in Japan wachsen aber die Zweifel, dass diese Effekte erreicht werden.Michels erklärt das expansive Agieren der EZB wie der US-amerikanischen Notenbank Federal Reserve (Fed) mit einer zum Teil übertriebenen Angst vor einer Rezession: “Die Zentralbanken fahren schwere Geschütze auf, obwohl sich die Konjunktur bisher nur abkühlt”, sagt er. Aus Furcht, zu spät zu kommen, “ergreifen sie früh Maßnahmen, um die Show am Laufen zu halten”. Das sei gefährlich, da der Druck auf die Zentralbanken steige, in risikoreiche Assets zu gehen.Das Agieren der Fed hatte sich Michels Ende 2018 noch ganz anders vorgestellt und wie andere Beobachter Schritte zu höheren Zinsen im Frühjahr und Sommer 2019 erwartet. Jetzt rechnet er mit zwei weiteren Senkungen – falls sich der Handelskonflikt mit China zuspitzen sollte die erste noch Ende dieses Monats. “Die Fed hat ihren Kurs früh massiv gewechselt”, sagt der Chefvolkswirt. Wie in Europa stelle sich in den USA die Frage, wie die Zentralbank gegenhalten wolle, wenn es mit der Konjunktur richtig nach unten geht.Michels erkennt zunehmend Signale, dass sich der amerikanisch-chinesische Handelskonflikt auf die Konjunktur auswirkt. “Im ersten Halbjahr waren die deutschen Exporte nach China und in die USA okay, jetzt gehen die Auftragseingänge aber zurück.” Höhere Zölle würden mit steigenden Preisen weitergegeben. Das senke die Kaufkraft. Höhere Zinsen nicht vor 2025Die expansive Geldpolitik stützt aus Sicht von Michels die Aktienmärkte. Ende 2018 hatte er mit einer längeren Abwärtsbewegung der Kurse vom Frühjahr 2019 an gerechnet und Anleger gewarnt. Doch es kam anders. Nun lautet seine Prognose: “Wir erwarten Anfang 2020 eine Korrektur der Aktienmärkte, wenn die vom Markt erwartete globale Konjunkturerholung ausbleibt.” Kräftige Kursabschläge werde die Politik der Notenbanken aber verhindern. Bevor die EZB die Richtung wechselt, vergeht nach Michels` Meinung noch viel Zeit: “Die EZB wird nicht vor 2025 die Zinsen anheben.”