Europäischer Rat

Beitritts­versprechen für Westbalkan bleiben vage

Sechs Länder aus dem Westbalkan warten auf die Aufnahme in die Europäische Union. Auf konkrete weitere Schritte konnten sich die Staats- und Regierungschefs der EU noch nicht einigen.

Beitritts­versprechen für Westbalkan bleiben vage

ahe Brüssel

Auch nach einem rund zwei Jahrzehnte andauernden Annäherungsprozess bleibt der konkrete Weg der Westbalkan-Staaten in die Europäische Union unklar. Auf einem Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs beider Seiten im slowenischen Brdo gab es keine Einigung auf einen Zeitplan, wie ihn etwa die Gastgeber gefordert hatten. Die EU-Staaten bekräftigten gegenüber Albanien, Nordmazedonien, Serbien, Montenegro, Bosnien-Herzegowina sowie dem Kosovo lediglich noch einmal ihr grundsätzliches Bekenntnis zum Erweiterungsprozess. Laut Abschlusserklärung des Gipfels soll der Beitrittsprozess aber auch in Zukunft vor allem von den Reformanstrengungen in den jeweiligen Ländern abhängen.

Das klarste Bekenntnis in Richtung Beitritt der sechs Länder kam von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen: „Wir sind eine europäische Familie. Wir teilen die gleiche Geschichte, wir teilen die gleichen Werte. Und ich bin zutiefst davon überzeugt, dass wir auch das gleiche Schicksal teilen“, betonte die CDU-Politikerin.

Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte im Anschluss an das Treffen, dass sich die EU-Staaten trotz aller Schwierigkeiten einig seien, dass die Länder des Westbalkans zur Europäischen Union gehörten. Nur eine Aufnahme werde langfristig Frieden und Stabilität in der EU sichern. Für Merkel ist der Umgang mit dem Westbalkan zudem entscheidend für die EU, weil es ihrer Ansicht nach auch um die Glaubwürdigkeit der Union geht, wenn diese Themen wie Indopazifik oder Russland anstoße, aber die Probleme vor der eigenen Haustür nicht richtig lösen könne.

Zu den Bremsern des Beitrittsprozesses gehört dagegen vor allem Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der in der Gipfelerklärung eine neue Einschränkung durchsetzte. So wird nun auch betont, dass die Integration neuer Mitglieder eine Weiterentwicklung der EU selbst voraussetzt. So könnte die Aufnahme neuer Mitglieder blockiert werden, wenn sich die EU in den kommenden Jahren als nicht reformfähig erweisen sollte.

Auch Merkel äußerte Verständnis für die Sorge, dass eine EU mit mehr Mitgliedern noch weiter an Handlungsfähigkeit verlieren könnte. Solche Argumente dürften allerdings nicht als weitere Blockade für den Beitrittsprozess genutzt werden, sagte sie. Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz warnte zugleich, dass sich die Region bei fehlender EU-Aufnahmeperspektive immer stärker Ländern wie China, Russland oder der Türkei zuwenden wird.

Während es mit Serbien und Montenegro bereits EU-Beitrittsverhandlungen gibt, sollen sie mit Albanien und Nordmazedonien erst eröffnet werden. Diese werden aus innenpolitischen Gründen schon seit etwa einem Jahr von Bulgarien blockiert, obwohl es hierzu schon ein EU-Votum gibt. Auch der Gipfel konnte dieses Problem nicht lösen.

Nachdem die EU den Westbalkan-Ländern auch in der Coronakrise bereits Pandemiehilfen in Höhe von 3,3 Mrd. Euro bereitgestellt hatte, sollen über ein neues Wirtschafts- und Investitionsprogramm jetzt sogar 30 Mrd. Euro für die Region mobilisiert werden. Das Geld soll in den nächsten sieben Jahren in Modernisierungs- und Reformprojekte fließen – insbesondere im Bereich der grünen Transformation und der Digitalisierung. 9 Mrd. Euro davon will die EU in Form von direkten Finanzierungen beisteuern. Der Rest kommt über Bürgschaften.

Hoffen auf den Gamechanger

Der Gipfelerklärung zufolge fließen allein 2021 über das Programm rund 1,1 Mrd. Euro an EU-Mitteln. Die Kommission wolle dafür noch ein neues Paket in Höhe von 600 Mill. Euro vorschlagen, heißt es in dem Text. EU-Kommissionschefin von der Leyen sagte in Brdo, der Wirtschafts- und Investitionsplan könne „ein Gamechanger“ im Westbalkan werden – auch wenn sich im bisherigen Beitrittsprozess schon vieles zum Besseren gewendet habe.

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