Berlin baut auf Koordination in der Klimapolitik
wf Berlin
Die Bundesregierung will ihre G7-Präsidentschaft dazu nutzen, die Klimapolitik im Kreis der Industriestaaten enger zur koordinieren. In ihrer ersten Kabinettsklausur seit Amtsantritt legte die neue Ampel-Regierung in Berlin Schwerpunkte des Programms ihrer Präsidentschaft fest. Sie steht unter dem Motto „Fortschritt für eine gerechte Welt“. Eine der wichtigsten Aufgaben sei es, „den menschengemachten Klimawandel aufzuhalten“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nach der Klausur vor Pressevertretern. In der nationalen Politik will die Ampel-Koalition für kürzere Planungs- und Genehmigungsverfahren sorgen – und dazu bis zur Jahresmitte liefern.
Höhepunkt der Präsidentschaft ist der Gipfel der Staats- und Regierungschefs der führenden Industrieländer vom 26. bis 28. Juni auf Schloss Elmau in Bayern. Zahlreiche Fachministertreffen auf G7-Ebene werden dem vorausgehen. Zu der Gruppe gehören aus Europa neben Deutschland noch Frankreich, Italien und Großbritannien. Zudem sind die USA, Kanada und Japan Mitglieder. Traditionell werden einige Partnerländer zu den G7-Konferenzen eingeladen, die allerdings bislang noch nicht feststehen. Das Interesse daran ist gewöhnlich hoch. Scholz zufolge wird die Auswahl noch abgestimmt.
Wirtschaftssystem im Fokus
„Wir wollen erreichen, dass nicht jedes Land für sich allein geht“, sagte Scholz mit Blick auf den Klimaclub, in dem das Vorgehen koordiniert werden soll. Ziel sei es, bis zur Mitte des Jahrhunderts klimaneutral zu werden. Deutschland hat sich dieses Ziel bereits bis 2045 gesetzt. Als weiteres Schwerpunktthema nannte Scholz die Weiterentwicklung des Wirtschaftssystems. Es gehe um Gerechtigkeit und Stabilität. Ein weiteres zentrales Thema ist Gesundheit. Alle seien gemeinsam verpflichtet, gegen die Corona-Pandemie vorzugehen, sagte Scholz. Eine besondere Koordinationsrolle fällt der G7 in der angespannten Lage mit Russland wegen der militärischen Bedrohung an der ukrainischen Ostgrenze zu.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will in der G7 während der Präsidentschaft einen „klaren Impuls“ für internationale Zusammenarbeit und Multilateralismus setzen. „Dazu zählt vor allem eine ambitionierte klima- und energiepolitische Agenda“, sagte Habeck. Dies umfasse einen beschleunigten globalen Kohleausstieg, forcierte Dekarbonisierung der Sektoren und das Streben nach einer weltweit gerechten Transformation. „In der Handelspolitik wollen wir im Kreis der G7 Wege für die Reform der Welthandelsorganisation ausloten“, hielt Habeck fest. Der internationale Handel mit seinen globalen Lieferketten solle „offener, fairer und nachhaltiger“ gestaltet werden.
In einem eigenen sogenannten „Finance Track“ koordinieren die Finanzminister ihre Arbeit. Schwerpunkte werden dabei die Weichenstellungen nach der Krise für eine nachhaltige wirtschaftliche Erholung sowie die Transformation mit hohen Investitionen in Digitalisierung und Klimaneutralität sein. Deutschland werde die Präsidentschaft auch dazu nutzen, über die Stabilität von Währungen, Wirtschaftsräumen und Märkten zu sprechen, sagte Finanzminister Christian Lindner (FDP). Dies sei von enormer Bedeutung mit Blick auf die überall in der Welt gestiegenen Schuldenstände. Schwellenländer müssten frühzeitig von den Industrieländern begleitet werden, um vom Krisen- in den Präventionsmodus zu kommen.
Schnellere Genehmigungen
Hierzulande soll die beschleunigte Transformation der deutschen Wirtschaft zur Klimaneutralität durch kürzere Planungs- und Genehmigungsverfahren möglich werden. Lindner kündigte für den Verlauf des ersten Halbjahres „vorzeigbare Ergebnisse“ von der Ampel-Regierung an. „Unser Land ist gefesselt, wir haben uns selbst gefesselt“, sagte Lindner. Es gebe zu viel Bürokratie. Die Zeit sei knapp, betonte Habeck. Er versprach, schneller zu werden, ohne „Schutzgüter“ zu schädigen.