Berlin sendet Freundschaftszeichen nach Paris

Macron besucht Merkel - Kanzlerin fordert mehr Investitionen - Schäuble: Finanzielle Transfers notwendig

Berlin sendet Freundschaftszeichen nach Paris

jw Frankfurt – Am Sonntag übernimmt Emmanuel Macron offiziell das Präsidentenamt in Frankreich, am Montag führt ihn seine erste Auslandsreise bereits nach Berlin. Kurz vor dem Amtsbesuch senden sowohl Kanzlerin Merkel als auch Finanzminister Schäuble versöhnliche Töne nach Paris. Sowohl bei Frankreichs Forderungen nach mehr Investitionen als auch nach mehr Transfers innerhalb des Euro-Währungsraums gingen sie am Freitag auf den neuen Präsidenten zu. Merkel will Macron helfenMerkel zeigte sich erstmals offen gegenüber möglichen Investitionsprogrammen innerhalb der Eurozone: “Wir können gerne über gemeinsame Investitionsprogramme nachdenken, weil Deutschland im digitalen Bereich auch Nachholbedarf hat”, sagte die CDU-Politikerin vor dem Wochenende bei einer Veranstaltung in Düsseldorf. Auch über weitere Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Eurozone will die Kanzlerin mit ihrem französischen Kollegen reden. “Ich denke schon seit 2013 über ein Budget in der Eurozone nach, mit dem wir reformfreudigen Ländern helfen können. Hier könnten wir zusätzlich zu den Fonds, die wir schon haben, weitere Mittel einsetzen, um den Ländern temporär in diesem Bereich zu helfen”, sagte Merkel. Die Kanzlerin hatte auch erklärt, sie wolle mit Macron Reformen voranbringen, die kurzfristig den Arbeitsmarkt verbessern. Sie habe Respekt vor den großen Aufgaben, vor denen Macron stehe.Auch Finanzminister Schäuble ließ am Freitag kollegiale Töne verlauten. Wie auch der künftige französische Präsident halte er finanzielle Transfers in der Eurozone für notwendig. “Man kann eine Gemeinschaft unterschiedlich starker Staaten nicht bilden ohne einen gewissen Ausgleich”, sagte der CDU-Politiker dem “Spiegel” laut Vorabbericht. Eine Union könne nicht existieren, wenn die Stärkeren nicht für die Schwächeren einstünden. Wie viel umverteilt werden solle, müsse in einer Demokratie der Souverän entscheiden.Schäuble signalisierte zudem, dass er keinen Widerspruch einlegen werde, falls die EU-Kommission mögliche Haushaltsdefizite Frankreichs absegnen sollte. “Die Haushaltsregeln auszulegen ist Aufgabe der EU-Kommission”, sagte er. “Die Bundesregierung und auch ich haben nie einer Empfehlung der Kommission widersprochen, wie die Defizite von Ländern wie Frankreich zu beurteilen sind.” Er zeigte sich jedoch hoffnungsvoll, dass Macron das Defizit wie versprochen zurückführen werde. “Das kann Frankreich schaffen.” Laut Prognose der Kommission wird das Land dieses Jahr die vorgegebene Obergrenze von 3,0 % einhalten. Für 2018 warnt die Brüsseler Behörde vor einer Überschreitung, sollte die neue Regierung in Paris keine Reformen anpacken. Schäuble: Überschuss zu hochSchäuble sagte ebenfalls zum ersten Mal, dass auch er den deutschen Leistungsbilanzüberschuss für zu hoch hält. “Richtig ist, dass der deutsche Leistungsbilanzüberschuss mit knapp über 8 % des Bruttoinlandsprodukts zu hoch ist.” Allerdings habe der Überschuss keine politischen Ursachen. “Er ist zurückzuführen auf die hohe Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft, aber auch darauf, dass wir Teil einer Währungsunion sind”, sagte er. “Gäbe es keinen Euro, wären die deutschen Überschüsse nur halb so hoch.” Zudem werde der Überschuss in den nächsten Jahren sinken.In Berlin wird seit Tagen über Macrons mögliche europapolitische Forderungen an Deutschland diskutiert. Zuvor hatten sich sowohl Merkel als auch Schäuble stets skeptisch gegenüber Transfers innerhalb der Eurozone gezeigt.