China-Flüge

Berlin setzt Empfehlung aus Brüssel zu Testpflicht um

Die Bundesregierung führt eine Testpflicht für Flugreisen aus China ein. Weitere EU-Staaten ziehen nach. Aus der Flugbranche kommt Kritik. Fachleute sind unterschiedlicher Ansicht.

Berlin setzt Empfehlung aus Brüssel zu Testpflicht um

rec Brüssel

Deutschland und eine Reihe weiterer EU-Staaten kommen Empfehlungen aus Brüssel für Auflagen bei Flügen aus China nach. Im Zentrum steht die Pflicht, vor Reiseantritt einen negativen Coronatest vorzuweisen. Das teilte Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) mit. Am Donnerstag kündigten auch weitere europäische Regierungen an, entsprechende Empfehlungen der EU-Kommission und eines Krisenstabs in Brüssel umzusetzen. Verbände aus der Flugbranche kritisierten das Vorgehen. Auch die Regierung in Peking hat protestiert.

Unter Führung der schwedischen Ratspräsidentschaft hatte ein Krisenstab der EU am späten Mittwochabend mehrere Empfehlungen ausgesprochen. Darunter sind neben der Einführung einer Testpflicht weitere Auflagen für Flugreisen aus China wie eine Maskenpflicht und die Untersuchung von Abwasser aus den Flugzeugen, um Virusvarianten identifizieren zu können. Hintergrund ist die dramatische Corona-Entwicklung in China, die sich immer weiter zuspitzt.

„Europa hat eine gemeinsame Antwort auf die Pandemie-Lage in China gefunden“, sagte Lauterbach. Für die Umsetzung sind die EU-Staaten selbst verantwortlich. Sie müssen die Empfehlungen nicht umsetzen. Am Mittwoch kündigten neben der Bundesregierung Schweden und Belgien an, den Empfehlungen aus Brüssel ganz oder teilweise nachzukommen. Frankreich, Italien und Spanien sind bereits vorgeprescht, indem sie Testpflichten für Flüge aus China eingeführt haben. Die Bundesregierung hatte ein gemeinsames Vorgehen auf EU-Ebene abgewartet.

Der europäische Airline-Verband A4E, sein internationales Pendant IATA und der Flughafenverband ACI Europe beschwerten sich in einer gemeinsamen Erklärung über die Reiserestriktionen. Systematisches Testen sei nicht wissenschaftlich fundiert und mit den Risiken zu begründen, kritisierten die Verbände. Sie verwiesen auf eine Expertise der europäischen Seuchenschutzbehörde ECDC, die eine Testpflicht vor wenigen Tagen als unbegründet abgelehnt hat. Es seien keine neuen Virusvarianten entdeckt worden, die Bevölkerung in Europa sei mittlerweile gut immunisiert.

Die ECDC hatte allerdings auch auf einen Mangel an verlässlichen Daten aus China hingewiesen. Das kritisiert ebenso die Weltgesundheitsorganisation (siehe Text unten) und zeigt deshalb Verständnis für bestimmte Reiseauflagen. Der deutsche Flughafenverband ADV begrüßt, dass die Tests „unabhängig von der Beurteilung der Sinnhaftigkeit“ systematisch vor dem Abflug in China und nicht erst bei Ankunft an europäischen Flughäfen gemacht werden müssten.

Neben einer wachsenden Zahl an EU-Staaten haben auch andere Länder Reisebeschränkungen für Flüge aus China eingeführt. Allen voran sind das die USA, Kanada, Australien und Japan. Aber auch weitere asiatische Länder verlangen von Reisenden aus China Coronatests. Die Regierung in Peking hat eine solche Sonderbehandlung von Reisen aus ihrem Land als „inakzeptabel“ zurückgewiesen. Sie vermutet politische Motive hinter dem Vorgehen der EU und anderer Staaten. Die EU-Kommission hat diesen Vorwurf zurückgewiesen.

Fachleute äußern sich unterschiedlich über die Notwendigkeit von Reisebeschränkungen. Der Chef der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, hat sich für flächendeckende PCR-Tests auf Flügen aus China in die gesamte EU ausgesprochen. Andere halten dies für überzogen. So schätzt der Europaparlamentarier Peter Liese (CDU) eine Testpflicht als unnötig ein. Die Gefahr einer gefährlichen Mutation des Coronavirus sei gering.