KOMMENTAR

Beschwerlicher Aufstieg

Die Talsohle sei durchschritten, erklärte ein optimistisch gestimmter Bundeswirtschaftsminister am Dienstag. Peter Altmaiers Ministerium hob die Konjunkturerwartungen leicht an. Aber der Aufstieg aus dem Tal wird beschwerlich. Das spiegeln die...

Beschwerlicher Aufstieg

Die Talsohle sei durchschritten, erklärte ein optimistisch gestimmter Bundeswirtschaftsminister am Dienstag. Peter Altmaiers Ministerium hob die Konjunkturerwartungen leicht an. Aber der Aufstieg aus dem Tal wird beschwerlich. Das spiegeln die aktuellen Arbeitsmarktzahlen. Die Arbeitslosigkeit ist saisonbereinigt zwar etwas gesunken, aber von Erholung kann noch keine Rede sein. Aktuelle Zwischenstände lassen etwas Optimismus zu, doch sie dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass noch ein langer Weg zu gehen ist. Der Enthusiasmus, den mancher Politiker da inzwischen an den Tag legt, scheint verfrüht.Ein wirklicher Anlass zur Freude hingegen ist, dass die Zahl der Erwerbstätigen zugenommen hat, erstmals seit Ausbruch der Krise – und zwar stärker, als von Analysten erwartet worden war. Auch die Arbeitskräftenachfrage in den Unternehmen steigt wieder. Viele von ihnen glauben an den Aufschwung – für den sie Mitarbeiter brauchen.Doch es ist Vorsicht angeraten. Ein Blick in den Euroraum verdeutlicht das. Die Arbeitslosigkeit steigt hier langsam, aber stetig. Der Trend in Euroland zeigt nach wie vor nach oben. Mit einer Erholung ist vorerst nicht zu rechnen. Noch gelten in vielen Ländern Konjunkturmaßnahmen. In Deutschland etwa die Fortzahlung des Kurzarbeitergelds und die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht. Sie verhindern, dass Massen von Arbeitnehmern ihren Job verlieren und sich das Konsumklima wieder spürbar eintrübt.Es mag – besonders bei einem vor der Krise ausgeglichenen Haushalt wie hierzulande – verlockend sein, großzügig Geld an Beschäftigte und Wähler zu verteilen. Es ist wenig verwunderlich, dass das Kurzarbeitergeld bis nach der Wahl 2021 weitergezahlt werden soll. Auch die ausgesetzte Insolvenzantragspflicht kommt nicht nur den Unternehmern zugute, sondern gerade auch ihren Angestellten. Auf lange Sicht jedoch sind beide Maßnahmen keine Lösung, sondern verzögern die Probleme nur, welche die Corona-Pandemie für den Arbeitsmarkt mit sich bringt. Seit Wochen warnen Ökonomen vor Zombie-Unternehmen, die spätestens mit Wiedereinsetzen der Insolvenzantragspflicht entlarvt und Tausende Angestellte ihre Jobs kosten werden. Dieser Effekt wird sich auch in den Arbeitsmarktdaten erst noch niederschlagen. Vor dem ersehnten Aufstieg dürfte der Arbeitsmarkt erst ein noch tieferes Tal durchschreiten müssen.