Blind Trust

Von Stefan Paravicini, New York Börsen-Zeitung, 16.11.2016 Eine Woche ist es nun her, seit die Wahl von Donald Trump zum nächsten US-Präsidenten weit über die Landesgrenzen hinaus für ein politisches Erdbeben gesorgt hat. In der Öffentlichkeit sind...

Blind Trust

Von Stefan Paravicini, New YorkEine Woche ist es nun her, seit die Wahl von Donald Trump zum nächsten US-Präsidenten weit über die Landesgrenzen hinaus für ein politisches Erdbeben gesorgt hat. In der Öffentlichkeit sind alle Parteien seither bemüht, mit konziliantem Ton für eine Normalisierung der Lage zu sorgen, nachdem sich die politischen Lager zuvor über 18 Monate in den Haaren gelegen hatten.Das Volk habe an der Wahlurne entschieden, jetzt müssten die Verlierer dem nächsten Präsidenten eine Chance einräumen, das Land in eine erfolgreiche Zukunft zu führen, lautet das parteiübergreifende Motto der vergangenen Tage. Der gewaltfreie und geordnete Übergang der Macht stehe im Kern der demokratischen Werte, appellieren alle führenden politischen Kräfte in Richtung der Demonstranten, die jede Nacht zu Tausenden durch die größten amerikanischen Städte ziehen und “Not my president” skandieren.Auch Donald Trump hat mit seinen öffentlichen Auftritten in den ersten Tagen als gewählter 45. US-Präsident um Vertrauen geworben, seine Positionen aus dem Wahlkampf bereits den politischen Realitäten angepasst und klare Worte zu den Attacken auf Minderheiten gefunden, die seit seinem Wahlerfolg nach Angaben von Beobachtern im ganzen Land um sich greifen.Das alles sind freilich “nur Worte”, wie Donald Trump die Ausführungen von Hillary Clinton, seiner Kontrahentin im Wahlkampf, in den drei Fernsehdebatten mit der Konkurrentin aus dem demokratischen Lager immer wieder abbügelte. Will man den “President elect” nach seinen Taten beurteilen, stehen dazu nach sieben Tagen vor allem die ersten wichtigen Personalentscheidungen zur Verfügung. Sie rechtfertigen keinen Vertrauensvorschuss, hat Trump mit Stephen Bannon doch einen Mann als Chefstrategen in das Weiße Haus geholt, der als Sprachrohr der sogenannten Alternativen Rechten gilt.Nazigruppierungen und andere gewalttätige Rassisten wie der vor allem in den Südstaaten immer noch regen Zulauf findende Ku-Klux-Klan, der vor der Wahl übrigens eine Empfehlung für Donald Trump abgegeben hatte, feierten zum Wochenstart die Nominierung des Ex-Marineoffiziers und Goldman-Sachs-Bankers, der sich seit 2012 als Chairman der rechtskonservativen “Breitbart News” in der Szene einen Namen gemacht hat. Auch wenn Bannon um den Applaus von rechtsaußen nicht gebeten hat und Trump jetzt mit Engelszungen gegen die Diskriminierung von Minderheiten auftritt, mit der Wahl seines engsten politischen Beraters schlägt Trump den im Wahlkampf angesetzten Keil noch einmal tiefer in die Gesellschaft.Verstören muss auch die Berufung der drei ältesten Trump-Sprösslinge Donald Jr., Eric und Ivanka in das sogenannte Transition Team, das in den nächsten Wochen unter anderem die Personalauswahl für 4 000 Regierungsämter treffen soll. Interessenkonflikte sind programmiert, da die Kinder künftig die Geschäfte Trumps führen sollen. Das geschehe ganz im Sinne eines “Blind Trust”, wie das Präsidenten vor Trump auch gehalten hätten, versichern die Trumps unisono. Wie “blind” beziehungsweise unabhängig von den Regierungsgeschäften des Vaters die Kinder in Zukunft sein dürften, ist spätestens seit Montag klar, als die Meldung die Runde machte, Trump wolle dem Nachwuchs die Freigabe für “Top Secret”-Informationen verschaffen.——–Donald Trump wirbt um Vertrauen. Dazu muss man schon beide Augen zudrücken.——-