Börsianer glauben nicht an Frühjahrsaufschwung
ba Frankfurt
Börsianer glauben nicht mehr an einen Frühjahrsaufschwung im Euroraum. Nach vier Monaten der wachsenden Zuversicht sind die Sentix-Konjunkturerwartungen im März gefallen, und zwar um 3,1 auf –11,1 Punkte. Ökonomen hatten hingegen mit einer weiteren Stimmungsaufhellung auf einen Barometerstand von –5,5 Zähler gerechnet. „Der Gegenwind nimmt wieder zu“, kommentierte Sentix-Geschäftsführer Manfred Hübner das Ergebnis der monatlichen Umfrage unter 1 309 Investoren und institutionellen Anlegern. Auch wenn eine Rezession zunächst abgewendet werden konnte, bleibe die Gesamtsituation fragil.
„Bestenfalls Stagnation“
Dass die kommenden Monate noch härter werden könnten, zeigt der Einbruch der Konjunkturerwartungen um 7 auf –13,0 Punkte. „Auf Sicht von sechs Monaten erwarten die Anleger damit eine Verschlechterung der Konjunktur in der Eurozone“, betonte Hübner. Und auch wenn sich das Lagebarometer nochmals leicht um 0,7 auf –9,3 Zähler und damit den höchsten Stand seit Juni 2022 verbessern konnte, „bedeutet das aber immer noch, dass sich die Wirtschaft aktuell bestenfalls in einer Stagnationsphase befindet“, mahnte Hübner.
Daraus könnten allerdings schon bald wieder neue Rezessionssorgen erwachsen, „wenn sich die negativen Konjunkturerwartungen materialisieren“. Hübner verweist auf die Notenbanken, die im aktuellen Umfeld auf der geldpolitischen Bremse stehen. Verschiedene Aussagen von EZB-Granden stützen die Markterwartung, dass die Europäische Zentralbank (EZB) bei der kommenden Ratssitzung am 16. März den Leitzins um 50 Basispunkte erhöhen wird (siehe Bericht auf dieser Seite). Seit der Zinswende im Sommer vergangenen Jahres stemmt sich die Notenbank mit rekordhohen Straffungsschritten gegen die Inflation. Trotz sinkender Energiepreise sind die Verbraucherpreise im Februar nur geringfügig auf 8,5% gesunken. Die Kernrate hingegen – in der die schwankungsanfälligen Energie- und Nahrungsmittelpreise ausgeklammert werden –, kletterte sogar auf den bislang höchsten je gemessenen Stand von 5,6%. Sentix-Chef Hübner mahnt, dass das Geldmengenwachstum, das zuletzt bei 3,5% für M3 lag, schwach bleibe und sich im weiteren Jahresverlauf zusammen mit dem gestiegenen Zinsniveau, „noch als ernste Belastung der Konjunktur erweisen“ dürfte. Die Sentix-Themenbarometer würden zeigen, „dass die Phase der Entspannung bei den Inflationsraten von den Anlegern schon wieder in Frage gestellt wird“. Mit dem Rückgang des entsprechenden Index von –14,25 auf –32,25 Punkte dürften Hübner zufolge „sämtliche Hoffnungen auf ein vorzeitiges Ende des Zinserhöhungszyklus bis auf Weiteres unbegründet sein“.
International zeigt sich laut Sentix ein vergleichbares Bild: Die aktuelle Lage wurde für fast alle Regionen etwas besser als zuletzt beurteilt, die Erwartungswerte hingegen sind teils deutlich gesunken. Für Deutschland ist der Gesamtindex um 2,8 auf –9,6 Punkte gefallen. Da der Erwartungsindikator kräftig um 7 auf –11,8 Zähler nachgegeben hat, ist Hübner zufolge die Wahrscheinlichkeit für einen erneuten Abschwung hierzulande deutlich gestiegen. Auch in den USA nehme der Gegenwind zu und die restriktive Geldpolitik der Fed erweise sich als Bremsklotz. Im globalen Kontext seien die Daten für die US-Wirtschaft besser als anderswo, doch zeige auch sie Schwäche, analysiert Hübner. Relativ am günstigsten präsentierten sich die wesentlich von China geprägten Daten für die Region Asien ex Japan, doch seien sie „keineswegs gefestigt“.