FRANKREICH

Böses Erwachen

Den Franzosen könnte Ende September, wenn ihre Regierung den Haushaltsplan 2013 vorlegt, ein böses Erwachen drohen. Denn die Mannschaft von Präsident François Hollande muss für das kommende Jahr 33 Mrd. Euro an zusätzlichen Einnahmen und...

Böses Erwachen

Den Franzosen könnte Ende September, wenn ihre Regierung den Haushaltsplan 2013 vorlegt, ein böses Erwachen drohen. Denn die Mannschaft von Präsident François Hollande muss für das kommende Jahr 33 Mrd. Euro an zusätzlichen Einnahmen und Einsparungen finden, um das Haushaltsdefizit 2013 wie versprochen auf 3 % zu senken – mindestens. Die neuesten Wachstumsprognosen setzen sie unter Zugzwang, zusätzliche Maßnahmen zur Defizitbekämpfung zu beschließen.So erwarten die 20 von Consensus Forecasts befragten Ökonomen mittlerweile nur noch ein Wachstum von 0,1 % für dieses Jahr und von 0,5 % für 2013. Darin sind noch nicht einmal die neuesten Daten des Statistikamtes Insee enthalten, das vergangene Woche für das zweite Quartal ein Nullwachstum bekannt gab – das dritte in Folge. Angesichts dessen erscheinen die Prognosen, auf denen die Haushaltsplanungen beruhen, viel zu optimistisch. Hollandes Regierung erwartet laut Juli-Prognose 2012 ein Wachstum von 0,3 % und 2013 eines von 1,2 %.Die Regierung will bereits bei der Ministerratssitzung diesen Mittwoch über den Haushaltsentwurf beraten. Für Hollande ist spätestens jetzt die Zeit gekommen, eine härtere Gangart in der Finanz- und Wirtschaftspolitik einzuschlagen und dringend erforderliche Reformen auf den Weg zu bringen. Denn in seinen ersten 100 Amtstagen hat sich der Präsident auf symbolische Wahlversprechen wie die Herabsetzung des Rentenalters auf 60 Jahre, die Begrenzung der Einkommen von führenden Managern bei staatlichen Unternehmen und die Erhöhung der Vermögensteuer beschränkt.Vor allem aber hat Hollande viele Maßnahmen seines Vorgängers Nicolas Sarkozy rückgängig gemacht. Das mag zwar die Erwartungen der Wähler erfüllt haben . Doch nun Hollande muss beweisen, dass er das Land aus der Krise führen kann. Ergreift er die erforderlichen Maßnahmen nicht, droht die Gefahr, dass die hohe Arbeitslosigkeit, die sinkende Wettbewerbsfähigkeit der Industrie und das hohe Defizit die französische Wirtschaft dauerhaft schädigen. Die versprochene Steuer von 75 % auf Einkommen über 1 Mill. Euro wäre für das Ausland und die Finanzmärkte das falsche Signal. Viele Finanzmanager flüchten bereits nach London oder denken darüber nach. Diesen Aderlass kann sich Frankreich nicht leisten. Genauso wenig wie Tausende Beamtenstellen, die Hollande für Schulen, Polizei und Justiz versprochen hat. Es sei denn, er spart ganz kräftig an anderer Stelle, beispielsweise bei den Beamtengehältern.