Zinserhöhung

Brasiliens Währungshüter kontern Inflationsschub

Der geldpolitische Ausschuss der brasilianischen Zentralbank hat den Leitzins um 75 Basispunkte angehoben. Der Selic steht nach einem Allzeittief nun bei 2,75%. Die Finanzmärkte hatten mit einer Anhebung gerechnet, aber nicht mit einer so...

Brasiliens Währungshüter kontern Inflationsschub

af Buenos Aires

Der geldpolitische Ausschuss der brasilianischen Zentralbank hat den Leitzins um 75 Basispunkte angehoben. Der Selic steht nach einem Allzeittief nun bei 2,75%. Die Finanzmärkte hatten mit einer Anhebung gerechnet, aber nicht mit einer so starken. Es war die erste Erhöhung seit 2015. Der Beschluss der Währungshüter fiel einstimmig aus. Zur Begründung erklärten sie, dass das aktuelle Szenario kein „außergewöhnliches Maß an Stimulierung“ erfordere und dass die Inflationserwartungen über dem geldpolitischen Zielwert liegen.

Das Gremium verlautbarte zudem, dass es eine weitere Anhebung „in der gleichen Größenordnung“ bei der nächsten Sitzung Anfang Mai erwarte. Eine erneute Anhebung um 75 Basispunkte werde jedoch „weiterhin von der Entwicklung der wirtschaftlichen Aktivität, dem Gleichgewicht der Risiken und den Inflationsprognosen und -erwartungen abhängen“, hieß es im Kommuniqué.

Hinter dem Schritt stecken steigende Verbraucherpreise, die auch die Inflationserwartungen getrieben haben, und die schwächelnde Landeswährung. Die Zentralbank ist der Ansicht, dass eine „schnellere Anpassung“ die Chancen auf eine Annäherung an ihr Inflationsziel von 3,75% in diesem Jahr erhöhen könnte, während gleichzeitig die längerfristigen Erwartungen verankert bleiben. Für 2022 peilt die Notenbank 3,5% an, jeweils mit einer Schwankungstoleranz von 1,5 Punkten nach unten und oben. Im Februar war die Inflation auf 5,2% gesprungen. Das Wirtschaftsministerium hat daraufhin seine Inflationsprognose für 2021 von 3,23% auf 4,4% angehoben.

Zuletzt waren die Preise für Lebensmittel und Kraftstoffe erheblich gestiegen, während der Real weiter schwächelt. Unsicherheitsfaktoren sind zudem das spannungsreiche politische Szenario im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen 2022, die außer Kontrolle geratene Pandemie, ein sehr zögerlicher Fortschritt der Impfkampagne sowie ein möglicher Anstieg öffentlicher Ausgaben.

Die Notenbank vermerkt, dass die Konjunktur Ende 2020 deutlich zugelegt habe, und das auch noch, als die Regierung ihre Notfallhilfen aussetzte. Dennoch bezweifeln viele Marktteilnehmer, dass dieser Höhenflug die Inflation länger antreiben wird. Erhebliche Rückstände auf dem Arbeitsmarkt, die heute noch deutlicher sind als vor der Pandemie, dürften mittelfristig eher Abwärtsrisiken bedeuten, schreiben Analysten der Société Générale. Erwartungen eines erhöhten Inflationsdrucks durch eine Lohn-Preis-Spirale oder einer weiterhin über dem Zielwert liegenden Inflation scheinen derzeit weit hergeholt.

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