Italien

Breite Mehrheit für eine Regierung Draghi

Nachdem die Mitglieder der 5-Sterne-Bewegung einer Regierungsbeteiligung unter Draghi zugestimmt haben, könnte der Ex-EZB-Chef schon am Freitag das neue Kabinett vorstellen. Priorität wird für die Regierungsarbeit die Bewältigung der Coronakrise haben.

Breite Mehrheit für eine Regierung Draghi

bl Mailand

Ex-EZB-Chef Mario Draghi steht unmittelbar vor der Bildung einer neuen Regierung. Nachdem die Mitglieder der 5-Sterne-Bewegung in einer Online-Befragung einer Regierungsbeteiligung mit einer Mehrheit von 59% zugestimmt haben, hat Draghi nun eine riesige Mehrheit in beiden Häusern des Parlaments hinter sich. Das gilt selbst dann, wenn ein Teil der Abgeordneten der Partei, die fast ein Drittel aller Parlamentarier stellt, die Partei verlassen sollte. Die Abstimmungsmehrheit für eine Regierungsbeteiligung fiel knapp aus, wenn man berücksichtigt, dass fast alle führenden Repräsentanten der Bewegung für eine Zustimmung geworben hatten.

Draghi könnte schon am heutigen Freitag seine Regierungsmannschaft vorstellen. Spätestens am Samstag dürfte Staatspräsident Sergio Mattarella das neue Kabinett vereidigen. In der nächsten Woche werden dann wohl die Vertrauensabstimmungen im Senat und im Abgeordnetenhaus folgen. Draghi dürfte voraussichtlich ein Kabinett mit parteilosen Experten an den Schlüsselstellen sowie einigen Repräsentanten der an der Regierung beteiligten Parteien bilden. Die Regierung Draghi wird neben den 5 Sternen auch von dem sozialdemokratischen PD, der Mitte-rechts-Partei Forza Italia von Ex-Premier Silvio Berlusconi, der rechtsnationalen Lega von Ex-Innenminister Matteo Salvini sowie diversen Kleinparteien unterstützt. Nur die postfaschistischen Fratelli d’Italia gehen in die Opposition. Ob Draghi auch in Sachfragen jederzeit eine so breite Mehrheit haben wird, bleibt abzuwarten.

Das Regierungsprogramm ist bisher nur in Ansätzen bekannt. Entscheidend für die Zustimmung der 5-Sterne-Bewegung zu einer Regierungsbeteiligung war die Bereitschaft des künftigen Premiers, ein Superministerium für den ökologischen Umbau des Landes einzurichten. Seine Priorität gilt jedoch der Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie und der Entwicklung eines Impfplans. Die Corona-Neuansteckungen sind am Donnerstag, womöglich auch wegen der Öffnung von Geschäften, Schulen und Restaurants, auf mehr als 15100 Fälle gestiegen, die Zahl der Todesfälle lag bei 391. Außerdem strebt Draghi eine europafreundliche Regierung an. Er plant Reformen der Verwaltung, des Steuersystems und der Justiz und will einen Plan zur Verwendung der Mittel des Europäischen Wiederaufbauprogramms vorlegen.

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