Brigitte Zypries folgt Gabriel als Kurzzeitministerin
Von Ulli Gericke, BerlinWer sonst sollte in Frage kommen als neuer Kurzfristminister als Brigitte Zypries? Zwar läuft ihre politische Karriere gerade aus, strebt die 63-Jährige doch bei der Wahl im September kein erneutes Bundestagsmandat mehr an. Doch für das letzte halbe Jahr dieser Legislaturperiode ist die SPD-Politikerin quasi die geborene Nachfolgerin von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, der nach seinem Verzicht auf die Kanzlerkandidatur und den SPD-Vorsitz als Minister ins Außenministerium wechseln will.Denn Zypries kennt das Ministerium als Parlamentarische Staatssekretärin wie ihre Westentasche. Als sie diesen Posten vor gut drei Jahren antrat, waren einige erstaunt. Nicht, weil die in Kassel Geborene Juristin ist. Vielmehr ist es eher selten, dass sich eine ehemalige Bundesministerin später mit dem untergeordneten Posten einer Staatssekretärin zufrieden gibt. Zumal sie sich in den sieben Jahren als Justizministerin – erst im zweiten rot-grünen Kabinett von Kanzler Gerhard Schröder, dann in der ersten schwarz-roten Koalition unter Angela Merkel – viel Anerkennung erworben hat. In dieser Zeit zählte sie der frühere Finanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück zu den “Hidden Champions”, den verborgenen Größen, in der damaligen großen Koalition.Das “Hidden” blieb, als die Sozialdemokratin zu Beginn der Legislaturperiode Ende 2013 als Staatssekretärin ins Wirtschaftsministerium wechselte. Dort vertritt sie nicht nur den Minister. Ihre Arbeitsschwerpunkte in der Berliner Invalidenstraße sind das Mega-Thema Digitalisierung sowie Industrie 4.0, gepaart mit Außenwirtschaft, Mittelstands- und Industriepolitik sowie Start-up-Gründerförderung. Publikumswirksame Pressetermine absolvierten aber entweder Gabriel selber oder ihr Staatssekretärskollege Matthias Machnig. Mit 45 Stimmen MehrheitNeben diesen Zuständigkeiten hatte Zypries bisher auch das wichtige Amt der Regierungskoordinatorin für die Luft- und Raumfahrt inne, die maßgeblich dominiert wird vom deutsch-französischen Flugzeug- und Rüstungsriesen Airbus. Ein bis dahin unbekanntes Terrain – in dem sie aber dazugelernt habe, wie Branchenvertreter bescheinigen.Zypries trat 1991 in die SPD ein. 2005 – da war sie bereits Ministerin – kandidierte sie erstmals im Wahlkreis Darmstadt für den Bundestag. Vier Jahre später verteidigte sie ihr Direktmandat – mit nur 45 Stimmen Vorsprung gegenüber ihrem CDU-Konkurrenten, wie sie freimütig auf ihrer Website schreibt. In ihrer Zeit als Justizministerin hatte Zypries die Regierungskommission Corporate Governance und den Anlegerschutz gestärkt, verteidigte sie das VW-Gesetz gegenüber der EU, modernisierte das Schuldverschreibungsrecht und setzte eine gesetzliche Begrenzung von Anwaltskosten bei Abmahnungen bei geringfügigen Urheberrechtsverletzungen im Internet – etwa von Teenagern – durch. Staatskanzlei und GerichtNach ihrem juristischen Staatsexamen in Gießen arbeitete Zypries als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der dortigen Universität. 1984 wechselte sie an die hessische Staatskanzlei, von wo sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin an das Bundesverfassungsgericht abgeordnet wurde. 1991 ging sie in die niedersächsische Staatskanzlei zu Ministerpräsident Gerhard Schröder. In Hannover wurde sie Staatssekretärin im Arbeitsministerium. Nach dem Bundestagswahlsieg Schröders wurde Zypries Staatssekretärin im Innenministerium unter Leitung von Otto Schily. Jetzt, am Ende ihrer politischen Laufbahn, wird sie noch einmal überraschend Ministerin.