DIE FOLGEN DES BREXIT - IM INTERVIEW: BEAT WITTMANN, PORTA ADVISORS

"Briten haben einen historischen Fehler begangen"

Der Vermögensberater über die Konsequenzen für die Inselwirtschaft und die Verhandlungen mit der EU

"Briten haben einen historischen Fehler begangen"

Beat Wittmann war über 25 Jahre lang in führenden Positionen in der Vermögensverwaltung tätig, unter anderem für die Großbanken UBS, CS sowie Julius Bär. Seit 2009 arbeitet er als selbständiger Berater. Im Interview der Börsen-Zeitung spricht Wittmann darüber, wie der Austritt Großbritanniens über die Bühne gehen könnte und welche Auswirkungen des Brexit zu erwarten sind.- Herr Wittmann, wie bewerten Sie den Entscheid der Briten aus ökonomischer Sicht?Die Briten haben einen historischen Fehler begangen, zum eigenen Schaden, aber auch zum Schaden aller anderen Bündnis- und Handelspartner in Europa. Die Vorteile des Binnenmarktes überwiegen stark. Die Europäische Union wird für viele Fehler verantwortlich gemacht, für die sie gar nichts kann. Es sind die nationalen Regierungen der EU-Länder, die in den vergangenen Jahren in der Wettbewerbs- und Fiskalpolitik versagt haben. Das Flüchtlingsthema hat die Politiker aber aufgeweckt, umso mehr als dieses Thema meiner Meinung nach auch den Ausschlag für den Brexit gegeben hat.- Mit welchen wirtschaftlichen Konsequenzen rechnen Sie für Großbritannien?Ich erwarte für die nächsten zwölf Monate weniger Wachstum, weniger Beschäftigung und weniger Unternehmensgewinne.- Warum?Investitionen in Großbritannien bleiben mit hohen Unsicherheiten behaftet, solange die Bedingungen des EU-Austritts beziehungsweise die künftigen Zutrittsbedingungen für britische Unternehmen zum europäischen Binnenmarkt nicht geklärt sind.- Und in zwölf Monaten ist das geklärt?Nein, zwölf Monate sind ein vernünftiger Prognosehorizont, aber der Prozess wird viel länger dauern. Die Verhandlungen der Europäischen Union für ein Handelsabkommen mit Kanada haben sieben Jahre gedauert – das nur als Beispiel. Einem Handelsabkommen müssen alle EU-Länder zustimmen, und in der Union gibt es bekanntlich sehr unterschiedliche Meinungen über Großbritannien.- Und was heißt das konkret für die Wirtschaft?Es bedeutet, dass sich zum Beispiel die japanischen Automobilkonzerne, die amerikanischen Pharmafirmen oder die multinationalen Finanzkonzerne überlegen müssen, welche Leistungen sie noch aus dem Standort Großbritannien in die Welt hinaus verkaufen wollen. Ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass das für die Insel einen positiven Effekt haben wird.—-Das Interview führte Daniel Zulauf.