Britische Teuerungsrate nimmt überraschend zu

Ökonomen gespalten über Folgen für Geldpolitik

Britische Teuerungsrate nimmt überraschend zu

ste London – Kurz vor dem Wechsel an der Spitze der Bank of England hat sich der Auftrieb der Verbraucherpreise in Großbritannien überraschend stark beschleunigt. Wie das nationale Statistikamt ONS mitteilte, kletterte die Inflationsrate im Mai gemessen am gleichen Vorjahresmonat um 2,7 %, nach 2,4 % im April. Von Bloomberg erfasste Ökonomen hatten im Schnitt mit 2,6 % gerechnet. Für den stärksten Preisauftrieb hätten die gestiegenen Transportkosten gesorgt, hieß es. Die Teuerungsrate übertrifft auf der Insel bereits seit November 2009 das Inflationsziel der britischen Notenbank von 2 %.Ökonomen reagierten unterschiedlich. Die Inflation werde sich in den nächsten zwei Monaten voraussichtlich auf über 3 % beschleunigen, meinte Vicky Redwood von Capital Economics. Danach sei mit einem langsamen, aber stetigen Rückgang zu rechnen. Dieser von der Bank of England im jüngsten vierteljährlichen Inflationsbericht in Aussicht gestellte Verlauf sollte den am 1. Juli antretenden Notenbankchef Mark Carney nicht davon abhalten, die Konjunktur geldpolitisch stärker zu unterstützen.Barclays-Ökonom Simon Hayes hingegen verwies auf einen unlängst von der Notenbank veröffentlichten Artikel mit der Erkenntnis, dass die Messung der Inflationserwartungen an den Finanzmärkten inzwischen stärker auf kurzfristige Inflationsentwicklungen reagiere. Ein Mitglied des für Zinsbeschlüsse zuständigen geldpolitischen Ausschusses, Ian McCafferty, habe vorige Woche die Einschätzung geäußert, die Märkte kämen derzeit offenbar zu der Einschätzung, dass die Inflationstoleranz im Notenbankrat zugenommen habe und sich der Ausschuss mit Blick auf seine Entscheidungen dessen bewusst sein müsse. Der Barclays-Volkswirt zog daraus gestern die Schlussfolgerung, man dürfe keineswegs schon fest davon ausgehen, dass das Programm der quantitativen Lockerung unter dem neuen Notenbankgouverneur Carney wieder aufgenommen werde.Von März 2009 bis November 2012 hat die Bank of England Wertpapiere, überwiegend britische Staatsanleihen, im Wert von 375 Mrd. Pfund aufgekauft und damit für mehr Liquidität gesorgt. Die neun Mitglieder des geldpolitischen Ausschusses waren sich zuletzt uneinig in der Frage, ob der Kaufrahmen ausgeweitet werden müsse: Drei Mitglieder, unter ihnen der scheidende Gouverneur Mervyn King, stimmten für eine Ausdehnung um 25 Mrd. Pfund.Die britische Währung gab gestern gegenüber Dollar und Euro nach. Die Rendite der zehnjährigen Staatsanleihen legte nach Bekanntwerden der Mai-Inflation zu.