EU-Kommission

Brüssel: Bei Energie­preisen Einzel­staaten am Zug

Als Reaktion auf die stark gestiegenen Gaspreise hat die EU-Kommission den Mitgliedstaaten einen Leitfaden für kurzfristige Handlungsoptionen vorgelegt. Mittelfristig sollen der Green Deal und Gasmarkt-Reformen helfen.

Brüssel: Bei Energie­preisen Einzel­staaten am Zug

ahe Brüssel

Die EU-Kommission hat den Mitgliedstaaten einen Leitfaden an die Hand gegeben, wie diese kurzfristig auf die stark gestiegenen Energiepreise reagieren und damit die Belastungen für besonders betroffene Bürger und Unternehmen abfedern können. Eigene Handlungsmöglichkeiten sieht die Brüsseler Behörde im Wesentlichen mittelfristig über den Green Deal und den Ausbau von erneuerbaren Energien in Europa.

Energiekommissarin Kadri Simson äußerte in Brüssel zwar eine „ernsthafte Besorgnis“ über die Preisexplosion. Zugleich sprach sie aber von einer „Ausnahmesituation“ und verwies auf die internationalen Entwicklungen, die zu den Preiserhöhungen geführt haben – insbesondere auf den Wirtschaftsaufschwung nach der Covid-Krise und den damit verbundenen Anstieg der Nachfrage nach Energie. Treiber sei auch die hohe Gasnachfrage in Asien.

Zu dem Instrumentenkasten der EU-Kommission für die Mitgliedstaaten gehören Notfall-Einkommensunterstützung für Haushalte, Beihilfen für Unternehmen und gezielte Steuersenkungen. Das Geld für finanzielle Maßnahmen kann nach Angaben von Simson auch aus den zusätzlichen Einnahmen aus dem Emissionshandel genommen werden. Allein in den ersten neun Monaten 2021 hätten sich diese Einnahmen um 10,8 Mrd. Euro erhöht.

Aktuell haben bereits sechs EU-Staaten Maßnahmen wie etwa eine Preisdeckelung eingeleitet. Weitere 14 Länder bereiten ebenfalls Entlastungen vor. Simson verwies darauf, dass es wichtig sei, dass die nationalen Maßnahmen zielgerichtet und schnell wirkten, dass sie den Strommarkt nicht verzerrten und den Green Deal nicht unterminierten. Zudem sollten die Maßnahmen im Frühjahr, wenn eine Stabilisierung der Lage erwartet wird, leicht wieder angepasst werden können. Denn für die EU-Kommission ist die aktuelle Preisexplosion lediglich temporärer Natur.

Keine Entkoppelung geplant

Deutschland plant zurzeit keine zusätzlichen staatlichen Maßnahmen gegen die steigenden Energiepreise, wie Regierungssprecher Steffen Seibert bestätigte. Er sagte, es seien bereits Entlastungen beschlossen worden: eine Senkung der EEG-Umlage, eine Erhöhung der Pendlerpauschale sowie Verbesserungen beim Wohngeld.

Die EU-Kommission will kurzfristig allenfalls flankierend zu den nationalen Maßnahmen tätig werden: Dazu gehört das Versprechen, mögliche wettbewerbswidrige Verhaltensweisen auf den Energiemärkten besonders gründlich zu prüfen. Zudem will sie die Europäische Wertpapier- und Marktaufsicht (ESMA) auffordern, die Entwicklungen auch auf dem CO2-Markt und mögliche Manipulationsversuche dort verstärkt in den Blick zu nehmen. Auch die Gasspeicher will die EU-Kommission verstärkt in ihre Überlegungen einbeziehen, die Märkte robuster gegen Preisschocks zu gestalten. Die EU verfügt derzeit über Speicherkapazitäten im Umfang von über 20% ihres jährlichen Gasverbrauchs, doch nicht alle Mitgliedstaaten haben Speicher und ihre Nutzungen sind recht unterschiedlich.

Aktuell sind die Speicher im Schnitt zu 76% gefüllt, was deutlich unter dem langfristigen Mittelwert von 90% liegt. Im Dezember will die EU-Kommission ein umfangreiches Paket zum Gasmarkt präsentieren. Bis dahin will sie auch mögliche Vorteile einer freiwilligen gemeinsamen Beschaffung von Gasvorräten durch die Mitgliedstaaten prüfen.

Nichts hält die EU-Kommission hingegen von Forderungen, die zuletzt auch aus Frankreich kamen, die Strom- und die Gaspreisentwicklung zu entkoppeln. „Es besteht ein allgemeiner Konsens darüber, dass das derzeitige Grenzkostenmodell nach wie vor am effizientesten ist“, erklärte die Behörde. Dennoch versprach sie, weiter gehende Analysen anzustellen.

Der Verband der Chemischen Industrie (VCI) hält den von der EU-Kommission vorgestellten Werkzeugkasten zur Eindämmung hoher Energiepreise für wenig wirksam in Bezug auf die Industrie. Die Mitteilung der Kommission sehe sinnvolle Maßnahmen zur Bekämpfung von Energiearmut vor, die Lage energieintensiver Unternehmen verbessere sich dagegen kaum, so der VCI.

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