Brüssel senkt erneut die Prognosen

Handelskonflikte schwächen den Euroraum - Probleme in der Autoindustrie - Italiens Defizit im Fokus

Brüssel senkt erneut die Prognosen

Nur drei Monate nach einer deutlichen Korrektur hat die EU-Kommission erneut die Wachstumserwartungen für den Euroraum gesenkt. Vor allem die Prognosen für Deutschland wurden zurückgeschraubt. Deutschland ist 2019 damit nach Italien das wachstumsschwächste Land in der gesamten EU.ahe Brüssel – Die Eurozone kann in diesem Jahr nach Einschätzung der EU-Kommission nur noch mit einem Anstieg des realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 1,2 % und im nächsten Jahr von 1,5 % rechnen. Die Brüsseler Behörde revidierte ihre Prognosen aus dem Februar damit noch einmal um jeweils 0,1 Prozentpunkte nach unten. Im November war die Kommission für 2019 noch von einem Wachstum von 1,9 % ausgegangen.Das Wachstum im Euroraum wird sich damit in diesem Jahr gegenüber den BIP-Werten von 2017 glatt halbieren. Dies hat viel mit der Entwicklung in Deutschland zu tun, wo die Konjunktur bereits im zweiten Halbjahr 2018 schwächelte. Die EU-Kommission schwenkt nun auf die ebenfalls nach unten korrigierte Konjunkturprognose der Bundesregierung ein, die zuletzt ebenfalls nur noch mit einem BIP-Plus von 0,5 % rechnete. Im Februar hatte Brüssel die Prognose für Deutschland bereits von 1,8 auf 1,1 % gesenkt.EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici begründete die scharfe Korrektur für das deutsche Wachstum und die Entwicklung im gesamten Euroraum mit einer Verlangsamung des Weltwirtschaftswachstums und des Welthandels und verwies ausdrücklich auf die anhaltende Schwäche des verarbeitenden Gewerbes, “insbesondere in Ländern mit Problemen in der Automobilindustrie”.Das Wirtschaftswachstum in Europa wird nach den Worten von Moscovici derzeit ausschließlich von der Binnenwirtschaft getragen. Hier sei die Nachfrage robust, es gebe stetige Beschäftigungszuwächse, und die Finanzierungskosten blieben niedrig, betonte der französische EU-Kommissar und verwies darauf, dass die Arbeitslosigkeit im Euroraum aktuell so niedrig sei wie seit 2008 nicht mehr. Keine RezessionMoscovici wollte ausdrücklich nicht von einer Rezession sprechen. Das Wachstum werde voraussichtlich im nächsten Jahr wieder an Fahrt gewinnen, sagte er in Brüssel. Zu den Risiken neben den laufenden weltweiten Handelskonflikten zählt die EU-Kommission auch die Möglichkeit eines No Deal Brexit sowie “die Gefahr, dass die Verquickung zwischen Banken und Staaten erneut zum Problem wird”.Damit rückt auch Italien wieder verstärkt zurück in den Fokus, da das schwache Wachstum von lediglich 0,1 % in diesem Jahr sich auch auf das Haushaltsdefizit niederschlägt. Für 2019 rechnet die Kommission nun mit einem Etatdefizit in Italien von 2,5 % – dabei hatten sich Rom und Brüssel noch im Dezember nach wochenlangem Haushaltsstreit auf ein Defizit von 2,04 % verständigt. Und für 2020 wird sogar ein klares Reißen der Maastricht-Kriterien prognostiziert mit einer Quote von 3,5 %. Dabei sollte die Neuverschuldung eigentlich auf 1,8 % gedrückt werden. Die Gesamtverschuldung des Landes stiege damit auf 135 % des BIP, prognostizierte Brüssel.Insgesamt dürfte die öffentliche Schuldenquote im Euroraum aber weiter sinken – von 87,1 % (2018) über 85,8 % (2019) bis zu 84,3 % (2020). In der Eurozone wird in diesem Jahr Frankreich mit 3,1 % des BIP die höchste Neuverschuldung aufweisen, was mit den Versprechungen Präsident Emmanuel Macrons an die Gelbwesten-Bewegung zu tun hat. Unter den Nicht-Euro-Ländern fällt Rumänien mit einem Defizit von 3,5 % (2019) und sogar 4,7 % (2020) negativ auf.