Brüssel sorgt sich um Erhalt von kritischer Infrastruktur
ahe Brüssel – Die EU-Kommission sorgt sich um strategisch wichtige europäische Unternehmen, die im Zuge der Coronakrise geschwächt und damit zu Übernahmeobjekten werden. Die Brüsseler Behörde veröffentlichte daher neue Leitlinien im Falle eines Erwerbs von Betrieben insbesondere aus Bereichen wie Gesundheit, medizinische Forschung oder auch Biotechnologie und rief die EU-Mitgliedstaaten dazu auf, ihr Regelwerk zum Erhalt kritischer Infrastrukturen und Technologien in der EU in nächster Zeit vollumfänglich einzusetzen.Handelskommissar Phil Hogan erklärte, die EU bleibe für ausländische Investitionen offen. “Unter den derzeitigen Umständen müssen wir diese Offenheit jedoch durch angemessene Kontrollen ergänzen. Wir müssen wissen, wer investiert und zu welchem Zweck dies getan wird.” Die EU und ihre Mitgliedstaaten verfügten dafür auch über die richtigen Rechtsinstrumente. Nationale Mechanismen zur Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen gelten aktuell in 14 EU-Staaten. Die EU-Kommission forderte eine Zusammenarbeit zwischen und mit den Mitgliedstaaten bei der Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen – auch schon im Vorgriff auf einen eigentlich erst ab Oktober geltenden Kooperationsmechanismus.Jan Bonhage, Außenwirtschaftsrechtsexperte bei Hengeler Mueller, verwies im Gespräch der Börsen-Zeitung darauf, dass Deutschland in den vergangenen drei bis vier Jahren den Rechtsrahmen für die Investitionsprüfungen schon deutlich nachgeschärft und die Prüfintensität erhöht habe. “Die jüngst im Februar 2020 angestoßene Außenwirtschaftsrechtsnovelle ist noch im Verfahren. Wir rechnen aber auch im Vorgriff auf diese schon mit deutlich kritischeren Prüfungen”, so Bonhage. Entschlossenheit des Staates und Resilienz der Unternehmen seien jetzt die Hoffnungsworte in der Coronakrise.Bärbel Sachs von der Kanzlei Noerr sprach von einem “Paradigmenwechsel hin zu flächendeckenden und schärferen Investitionskontrollen in der EU”. Auch die Kapitalverkehrsfreiheit einschränkende Golden-Shares-Regelungen könnten damit wieder Konjunktur haben.