Brüssel zweifelt Italiens Prognosen an

EU-Kommission deutlich pessimistischer - Euro-Wirtschaft verliert zunehmend an Dynamik

Brüssel zweifelt Italiens Prognosen an

Das Wirtschaftswachstum im Euroraum wird sich bis 2020 immer mehr abschwächen. Nach Einschätzung der EU-Kommission trüben zudem zahlreiche Risiken die Aussicht. Erstmals seit zehn Jahren steigt 2019 das Defizit der Euro-Haushalte wieder, was auch an Italien liegt. Roms Prognosen sind Brüssel zu optimistisch. ahe Brüssel – Die italienische Regierung geht nach Einschätzung der EU-Kommission von zu optimistischen Wachstumsprognosen aus und setzt auch das Haushaltsdefizit im nächsten Jahr nach aktuellem Planungsstand zu niedrig an. In ihrer Herbstprognose geht die Brüsseler Behörde bei Italien nur noch von einem Wirtschaftswachstum von 1,1 % in diesem und 1,2 % im nächsten Jahr aus. Die Regierung in Rom hat in ihrer umstrittenen Haushaltsplanung für 2019 dagegen ein Wachstum von 1,5 % zugrunde gelegt.EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici verwies in Brüssel darauf, dass Italien daher zum einen mit geringeren öffentlichen Einnahmen als bislang geplant rechnen müsse und zum anderen mit höheren als den von Rom veranschlagten Zinszahlungen für die Staatsverschuldung. Dadurch liege das Budgetdefizit 2019 bei 2,9 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und nicht bei 2,4 %, wie von Italiens Regierung offiziell geplant.Während die Verantwortlichen in Rom zudem mit einer sinkenden Neuverschuldung ab dem Jahr 2020 rechnen, geht die EU-Kommission von einem weiteren Anstieg auf 3,1 % des BIP in 2020 aus. Moscovici bezeichnete diese Abweichungen als “nicht ungewöhnlich”. Unterschiedliche makroökonomische Einschätzungen habe es auch schon mit früheren Regierungen in Rom gegeben. Italiens Regierung wisse jetzt aber, was man von ihr erwarte. Vorwürfe aus RomItaliens Finanzminister Giovanni Tria reagierte umgehend und warf der EU-Kommission eine fehlerhafte Bewertung vor, die auf eine “unaufmerksame und voreingenommene Analyse” zurückzuführen sei. Trotz dieser “technischen Fehlleistung” werde man den Dialog mit der Kommission fortsetzen, erklärte Tria, der heute in Rom mit Eurogruppen-Chef Mario Centeno zusammen kommt, um im Haushaltsstreit noch einmal Kompromissmöglichkeiten auszuloten. Italien muss bis spätestens Dienstag einen neuen Budgetentwurf für 2019 vorlegen.Angesichts der konjunkturellen Bremsspuren und der zunehmenden internationalen Unsicherheiten und Risiken verwies EU-Kommissionsvize Valdis Dombrovskis darauf, dass es auf nationaler Ebene derzeit umso wichtiger sei, “Haushaltspolster aufzubauen und die Schulden abzubauen”. Die EU-Kommission prognostiziert für den Euroraum in den nächsten zwei Jahren nur noch ein Wachstum von 1,9 % beziehungsweise 1,7 % – nach 2,1 % im laufenden und sogar 2,4 % im vergangenen Jahr. Für 2019 wurden die Erwartungen gegenüber der Sommerprognose damit noch einmal leicht gesenkt.Zu den Risiken zählt die EU-Kommission eine Überhitzung der Wirtschaft in den USA, die durch prozyklische Maßnahmen noch angeheizt werden und die Zinsen schneller als erwartet in die Höhe treiben könnte. Dies könnte nach Ansicht Brüssels die Spannungen an den Finanzmärkten noch verschärfen. Auch die EU könnte aufgrund ihrer starken Handelsbeziehungen mit den USA und des umfassenden Engagements europäischer Banken in Mitleidenschaft gezogen werden, hieß es.Als weiteres Risiko sieht Brüssel den Handelskonflikt der USA mit China an. Innerhalb der EU könnten zudem Zweifel an der Qualität und Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen in hoch verschuldeten Mitgliedstaaten auf die inländischen Bankensektoren übergreifen und dadurch die Finanzstabilität infrage stellen, warnt die Behörde.Zum ersten Mal seit 2009 führt eine insgesamt leicht expansive Haushaltspolitik auch dazu, dass das Budgetdefizit im Euroraum wieder steigt: von 0,6 % des BIP auf dann 0,8 %. Für das darauffolgende Jahr sei wieder ein Rückgang zu erwarten.