Bund will Bahntransport von Kohle und Öl stärken
ast Frankfurt
Das Niedrigwasser des Rheins und anderer Wasserstraßen in Deutschland sorgt auch die Bundesregierung zunehmend. In Emmerich nahe der Grenze zu den Niederlanden wurde am Montag ein Pegel von nur noch vier Zentimetern gemessen – ein neues Rekordtief. Die Bundesregierung will Kohle und Öl nun beim Bahntransport Vorrang einräumen. Die Industrie ist ohnehin seit Monaten aufgrund der Corona-Pandemie und des Ukraine-Kriegs von Lieferengpässen betroffen.
Seit Wochen kämpfen die deutschen Unternehmen nun zudem mit sinkenden Pegelständen. Angesichts der niedrigen Fahrrinne können die Frachter längst nicht mehr voll beladen werden. In Kaub bei Koblenz unterschritt der Pegel bereits den Stand, der als Mindestmaß für die Wirtschaftlichkeit des Frachterverkehrs gilt. Davon betroffen ist in erster Linie die Chemieindustrie am Rhein, aber auch zwei große Kohlekraftwerke. Die Bundesregierung will nun, um die Energieversorgung im Notfall zu sichern, Gütern wie Kohle und Öl im Bahntransport Vorrang einräumen. Es gehe darum, die Energieversorgung aufrechtzuerhalten, dies habe absoluten Vorrang, sagte eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums. Sie gehe davon aus, dass eine entsprechende Verordnung zeitnah verabschiedet werde. Die Vorgabe soll zunächst auf sechs Monate befristet sein.
„Ziel ist es, den Betrieb von Kraftwerken, Raffinerien, Stromnetzen sowie von weiteren lebenswichtigen Betrieben sicherzustellen“, heißt es in der Vorlage für die Verordnung, die Reuters vorliegt. Mit der Rechtsverordnung sollen künftig bevorzugt Trassen etwa für Mineralöl- und Kohletransporte reserviert werden.
Das Verkehrsministerium will nun zunächst prüfen, welche Kraftwerke am besten an die Bahninfrastruktur angeschlossen seien. Für den Transport der Energieträger könnten dann auch ältere und lautere Waggons genutzt werden. „Klingt einleuchtend, könnte sich aber als Kopfgeburt erweisen“, kritisierte der Verband Die Güterbahnen. „Chaos auf der Schiene gibt es schon genug“, erklärte Verbandssprecher Peter Westenberger. Er mahnte „eine gründliche Debatte statt vollmundiger Ankündigungen“ an.
Bundesverkehrsminister Volker Wissing zeigte sich derweil optimistisch. Der FDP-Politiker rechnet in den kommenden vier Wochen mit leicht steigenden Pegeln in den ausgetrockneten Flüssen. Allerdings mahnte er, dass die Situation für die Binnenschifffahrt trotz der absehbaren Niederschläge angespannt bleibe. Mit Blick in die Zukunft sagte der Minister der „Rheinischen Post“: „Wir müssen der Tatsache ins Auge sehen, dass wir uns langfristig aufgrund des Klimawandels immer wieder auf extreme Niedrigwasser-Situationen einstellen müssen.“ Daher sei wichtig, dass Maßnahmen wie die Engpassoptimierung am Mittelrhein bei Koblenz schnell umgesetzt würden.