Bundesbank kontert EZB-Empfehlungen

Notenbank: Kaum positive Effekte höherer deutscher Investitionen auf Euro-Partner - Schulden als Bürde

Bundesbank kontert EZB-Empfehlungen

ms Frankfurt – Deutschland kann nach Einschätzung der Bundesbank auch mit einer schuldenfinanzierten öffentlichen Investitionsoffensive nicht zum Heilsbringer für die Euro-Wirtschaft oder gar die Weltkonjunktur werden. Ein expansiver fiskalischer Impuls in Deutschland würde zwar auf andere Volkswirtschaften ausstrahlen, aber die Effekte wären gering, resümiert die Bundesbank in ihrem gestern veröffentlichten Monatsbericht: “Als Mittel, der internationalen Konjunktur erheblich mehr Schwung zu verleihen, erscheint ein öffentliches Ausgabenprogramm in Deutschland wenig geeignet”, heißt es in dem Bericht. Für die deutsche Wirtschaft hingegen könnte das gar schädlich sein, so die Bundesbank. Kein Stimulus nötigKonkret hat die Bundesbank für ihre Simulationen angenommen, dass die öffentlichen Investitionen in Deutschland für zwei Jahre um 1 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erhöht werden, und zwar kreditfinanziert. 2015 lag das BIP in Deutschland bei rund 3,03 Bill. Euro – 1 % entspräche also 30 Mrd. Euro. Das reale deutsche BIP stiege unter der Annahme fixer Zinsen bei einem solchen Programm laut Bundesbank im Schnitt der ersten beiden Jahre um rund 0,5 % gegenüber der Basislinie. Die Effekte auf den Euroraum und erst recht auf wichtige Drittländer wären demnach aber deutlich geringer (siehe Grafik). Die positive Wirkung wäre sogar noch geringer, wenn eine normale geldpolitische Reaktion unterstellt werde. Die deutsche Wirtschaft selbst brauche einen solchen Impuls zudem gar nicht.Mit ihrer Studie untermauert die Bundesbank ihren Widerstand gegen Forderungen, dass Deutschland mit zusätzlichen Staatsausgaben insbesondere für Investitionen die Konjunktur anheizen solle – auch zum Wohl der gesamten Euro-Wirtschaft. Solche Forderungen werden nicht zuletzt aus den USA sowie von einigen Euro-Partnern immer wieder erhoben. Aber auch in Deutschland plädieren Ökonomen dafür, zumal der Bund am Markt so günstig wie nie und teilweise sogar zu negativen Zinsen Geld aufnehmen kann.Besonders bemerkenswert ist die Studie, weil die Europäische Zentralbank (EZB) erst im März in ihrem Wirtschaftsbericht für mehr öffentliche Investitionen in Deutschland geworben und eine entsprechende Ausgabensteigerung durchgerechnet hatte (vgl. BZ vom 22. März). Darin war sie zu dem Ergebnis gekommen, dass Deutschland so der Wirtschaft im Land und in der gesamten Eurozone merklichen Auftrieb geben könnte. Die EZB-Volkswirte hatten aber auch einen höheren Fiskalstimulus modelliert. Dass die EZB bei solchen Berechnungen einzelne Länder herausgreift, ist äußerst selten.Die Bundesbank kontert die EZB-Untersuchung nun. Spürbare positive Effekte gäbe es vor allem in kleineren und mittleren Volkswirtschaften in direkter Nachbarschaft wie den Niederlanden. In den großen Euro-Ländern wäre die Wirkung gering, genauso wie in Peripherieländern wie Griechenland und Portugal. Die positive Wirkung wäre noch geringer, wenn die EZB mit Zinserhöhungen oder weniger ungewöhnlichen Maßnahmen reagiere, wenn sich durch den Anstieg der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage höhere Inflationsrisiken ergäben. Die Volkswirtschaften in den Peripherieländern würden stärker auf Zinsänderungen reagieren als etwa die deutsche. Diese Verquickung über die gemeinsame Geldpolitik werde oft übersehen.Die Bundesbank sieht auch nur geringe Wirkungen einer solchen Investitionsoffensive auf die Leistungsbilanzsalden. Der deutsche Überschuss würde sich demnach gemittelt über die ersten beiden Jahre um 0,7 Prozentpunkte vermindern, während der Saldo im Rest des Euroraums um weniger als 0,1 Prozentpunkte stiege. “Dies verdeutlicht noch einmal, dass die deutsche Wirtschaftspolitik nicht die außenwirtschaftlichen Ungleichgewichte anderer Länder lösen oder diesen ihre Anpassungslasten abnehmen kann.” Die robuste heimische Wirtschaft brauche aktuell auch keine kurzfristige Stimulierung. Das würde “vielmehr prozyklisch wirken”, warnt die Notenbank.Schließlich räumt die Bundesbank ein, dass vermehrte öffentliche Investitionen zwar das Produktionspotenzial steigern. So würde sich laut Simulation das Niveau des realen BIP in Deutschland langfristig um 0,2 % erhöhen. Das sei aber kein “free lunch”, denn der staatliche Schuldenstand bliebe dauerhaft erhöht. Die Notenbank lässt zudem Zweifel erkennen, ob es überhaupt genug sinnvolle Investitionsprojekte in der unterstellten Größenordnung gibt.