Bundesbank: Reformbedarf bei Euro-Fiskalregeln

Nationale Schlechtwetterfonds als Krisenvorsorge

Bundesbank: Reformbedarf bei Euro-Fiskalregeln

jw Frankfurt – Die Bundesbank ist mit der Bindungswirkung der Fiskalregeln in der Eurozone unzufrieden und sieht Reformbedarf, um die angestrebten Haushaltsziele durchzusetzen und tatsächlich zu erreichen. Die Fiskalregeln hätten sich “unbefriedigend entwickelt”, und “ihre Anwendung ist kaum noch nachvollziehbar”, heißt es im Monatsbericht April. Die Bundesbank kritisiert, dass die sehr hohen Schuldenquoten auch in den günstigen Zeiten der vergangenen Jahre kaum gesunken seien. Die Haushaltsüberwachung auf europäischer Ebene wirke nicht auf weitere Konsolidierungsschritte hin und selbst strukturelle Lockerungen blieben ungeahndet.Die Notenbank macht daher in ihrem Monatsbericht April verschiedene Reformvorschläge zum Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt, um die Umsetzung der Fiskalregeln wieder zu stärken. Hierzu zählen unter anderem die konkrete Haushaltsüberwachung sowie eine Ergänzung um Ausgabenregeln, nationale Schlechtwetterfonds als Krisenvorsorge (Rainy Day Funds) oder die Berücksichtigung staatlicher Investitionen in den Haushaltsregeln. Kritik an EU-KommissionDarüber hinaus spricht sich die Notenbank erneut dafür aus, die Haushaltsüberwachung von der Europäischen Kommission auf eine unabhängige, weniger politische Institution mit Fokus auf die Regelüberwachung zu übertragen. Eine stärkere Bindung an die bestehenden Vorschriften durch eine deutliche Entschlackung von Ausnahmeregeln und Ermessensspielräumen sowie eine Reduzierung von Komplexität sei nötig.Die Bundesbank fordert außerdem, dass das mittelfristige Ziel des strukturell ausgeglichenen Haushalts die Fiskalpolitik stärker in die Pflicht nehmen sollte. Die Währungshüter zeigen sich offen für Ausgabenobergrenzen bei den Regeln, solange diese an bestehende strukturelle Haushaltsziele anknüpfen. Zudem sollten sie für das jeweils folgende Haushaltsjahr und nicht für mehrere Jahre vergeben werden. Mehr FlexibilitätAuch ihren Kritikern, die oft verlauten, die stringenten quantitativen Vorgaben seien zu eng und ließen zu wenig Raum für gesamtwirtschaftliche Stabilisierung und staatliche Investitionen, kommt die Bundesbank entgegen, indem sie nationale Schlechtwetterfonds (Rainy Day Funds) vorschlägt. Allerdings wäre eine Voraussetzung dafür, dass solche Fonds besser in die Haushaltsregeln integriert werden. So könnten Länder Mittel in guten Zeiten ansparen, indem sie ihre mittelfristigen Haushaltsziele “übererfüllen” und so für künftige Bedarfe vorsorgen.Deutschland hatte beispielsweise Rücklagen für eine etwaige Verschärfung der Flüchtlingskrise gebildet, was einem solchen Schlechtwetterfonds sehr nahe kam. Die Bundesbank erhofft sich so mehr Flexibilität in der Finanzpolitik der Euro-Länder, ohne dass deren Verschuldung steigt.Die Mittel sollten nur regelgebunden eingesetzt werden, um insbesondere unerwartete Haushaltsbelastungen abfedern zu können. “Komplizierte europäische Mechanismen” seien nach wie vor nicht erforderlich. Mit dem geplanten Eurozonen-Budget würden sich solche Rainy Day Funds nicht überschneiden.Im Hinblick auf die Berücksichtigung von staatlichen Investitionen bei den Haushaltsvorgaben, einer Goldenen Regel, bleiben die Bundesbanker skeptisch. Zwar gebe es für eine solche Goldene Regel gute Argumente, aber sie sei auch mit Problemen verbunden.Würde die Goldene Regel auf EU-Ebene doch eingeführt, plädiert die Bundesbank dafür, dass damit verbundene Risiken möglichst klein gehalten werden. So sollten Investitionen nicht unbegrenzt zusätzliche Defizite gestatten. Es sollten keine Abstriche am Ziel rasch sinkender hoher Schuldenquoten gemacht und deshalb die mittelfristigen Haushaltsziele allenfalls bei Schuldenquoten unter 50 % gelockert werden. Wenn etwa die Infrastruktur gefördert würde, müsste bei anderen Ausgaben, etwa den Konsumausgaben, gespart werden. Änderung der EU-VerträgeDie Bundesbank kritisiert die Entwicklung der europäischen Fiskalregeln schon länger. Bereits im Juni 2017 merkte sie an, dass die “Ausgestaltung und Umsetzung der europäischen Fiskalregeln problematisch” sei und schlug vor, die Haushaltsüberwachung von der EU-Kommission auf eine unabhängige Institution zu übertragen. Da dafür allerdings eine Änderung der europäischen Verträge nötig ist, macht die Bundesbank mit den Rainy Day Funds nun Vorschläge, die politisch und technisch einfacher durchzusetzen sind.—– Kommentar Seite 1