Geldpolitik

Bundesbank sieht Umkehrzins nicht erreicht

Der negative Einlagenzins im Euroraum hat laut Bundesbank noch kein Niveau erreicht, bei dem er den Banken und letztlich der Wirtschaft mehr schadet als nutzt. Das ist auch für den Exit der EZB von Belang.

Bundesbank sieht Umkehrzins nicht erreicht

ms Frankfurt

Der negative Einlagenzins im Euroraum hat mit aktuell –0,5% noch kein Niveau erreicht, bei dem er bei den Banken und letztlich in der Wirtschaft mehr Schaden anrichtet als Nutzen stiftet. Zu diesem Ergebnis kommt die Bundesbank in einer am Montag im neuen Monatsbericht veröffentlichten Analyse. Der sogenannte „Um­kehrzins“, im Englischen „Reversal Rate“, sei noch nicht erreicht, so die Bundesbankexperten. Die Debatte ist auch für die Normalisierung der EZB-Geldpolitik von Bedeutung.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte im Juni 2014 im Kampf gegen die damals zu niedrige Inflation als erste der weltweit wichtigsten Zentralbanken einen ihrer Schlüsselsätze unter null gesenkt. In mehreren Schritten ging es dann bis auf das aktuelle Niveau von –0,5% hinunter. Fast von Anfang an war das begleitet von Diskussionen, wie stark der Zins gesenkt werden kann, ehe dies mehr schadet als nutzt – vor allem mit Blick auf negative Folgen für die Banken und die Kreditvergabe. Die EZB hatte stets argumentiert, dass dieses Niveau noch nicht erreicht sei. Ende 2021 hatte dann aber EZB-Bankenaufseher Andrea Enria mit gegenteiligen Aussagen aufhorchen lassen.

Die Reversal Rate ist keine beobachtbare Größe und verändert sich mit der Zeit. Darauf weist nun auch die Bundesbank in ihrer Analyse hin. „Eine exakte Quantifizierung der Reversal Rate für die aktuelle Situation ist daher nicht möglich.“ Dennoch existieren laut Bundesbank Indikatoren, die eine Einschätzung darüber erlaubten, ob die Reversal Rate in der Vergangenheit bereits erreicht wurde. Insbesondere die Entwicklung des Abstands der Eigenkapitalquoten der Banken zu den regulatorischen Anforderungen sei hierfür entscheidend. „Diese Entwicklung und weitere Indikatoren liefern bislang keine Anzeichen dafür, dass die Reversal Rate in Deutschland oder im Euroraum erreicht wurde.“

Die Einschätzung zum Umkehrzins ist auch für die aktuelle Debatte über die Normalisierung der ultralockeren Geldpolitik der EZB von Belang, weil sie die Einschätzung beeinflusst, wie schnell die EZB ihre Zinsen anheben und vor allem den Nullzins beenden sollte (siehe auch Text oben auf dieser Seite). Bei der jüngsten Sitzung hatte der EZB-Rat seinen Zinsausblick (Forward Guidance) auch insofern verändert, dass er nicht mehr explizit davon spricht, dass die Zinsen auch noch weiter sinken könnten. Viele Banken drängen die EZB, den Negativzins zu beenden, weil er bedeutet, dass sie für Einlagen bei der EZB zahlen müssen. Viele wollen dann laut eigener Auskunft auch die Negativzinsen für Teile ihrer Kunden beenden.