MACHTWECHSEL IN DEN USA

China hält erst mal sein Pulver trocken

Stocknüchterne Reaktionen auf Bidens Wahlsieg

China hält erst mal sein Pulver trocken

nh Schanghai – Chinas Staatsführung tanzt beim Autokraten-Ballett nicht aus der Reihe. Genau wie die Machthaber in Russland und Nordkorea sieht auch Präsident Xi Jinping noch nicht die Zeit gekommen, das Wahlergebnis in den USA für bare Münze zu nehmen und den “President-Elect” Joe Biden offiziell zu seiner neuen Rolle zu beglückwünschen.Auf Chinas offiziellen Nachrichtenkanälen ist das Wahlwochenende in den USA nur aus einem Blickwinkel eingefangen worden, nämlich den offensichtlichen Mängeln freier oder auch gezinkter Wahlen mit dem Ergebnis einer hoffnungslos zerstrittenen Gesellschaft. Entsprechend wurden auch keine Bilder von der spontanen Massenbegeisterung und fröhlichen Straßenpartys gezeigt. Stattdessen lag der Fokus auf Drohgebärden von wütenden Trump-Anhängern, um die gesellschaftliche Zerrissenheit zu highlighten. Im Zweifel positivTrotz der demonstrativen Zurückhaltung der Parteiführung ist die US-Wahl auch in China unübersehbar Thema auf allen sozialen Medienkanälen. Dabei tendiert das Gros der Blogger und Diskutanten in Internetforen zur Auffassung, dass man die Wahl Bidens doch als etwas Positives begreifen muss. In seiner früheren Rolle als Obamas Vizepräsident war dieser in Peking nicht sonderlich wohlgelitten.Chinas Staatspresse wiederum, die sich täglich in Leitkommentaren mit irgendwelchen USA-China-Befindlichkeiten auseinandersetzt, hält sich mit Kommentaren zu Trump und seinem Verhalten völlig zurück. Man kapriziert sich mit Meinungsäußerungen vor allem auf zwei Themen: Darauf, dass der Hauptfokus Washingtons auf der Bekämpfung der Corona-Pandemie liegen müsse und dass das Management der China-USA-Beziehungen besser zu handhaben ist, um eine Eskalation der Spannungen zu verhindern. Bezeichnenderweise wird in den Kommentaren penibel darauf verzichtet, die Namen Biden oder Trump überhaupt ins Spiel zu bringen. Bloß nicht weiter reizenAnalysten führen die Zurückhaltung Pekings vor allem auch darauf zurück, dass man für die immerhin noch über zwei Monate währende verbleibende Amtszeit von Trump kein Öl ins Feuer gießen möchte. Indirekt fürchtet man wohl auch in China, dass ein enttäuschter und damit noch unberechenbarer agierender Trump einige Gemeinheiten auf Lager haben könnte, die der vom Handels- und Technologiestreit bereits entnervten Regierung weitere Unannehmlichkeiten bereiten und die Atmosphäre vergiften könnten.Zwar sieht sich China mit einem im neuen Fünfjahresplan verankerten Autarkiekurs für die eigene Wirtschaft gut gerüstet. Dennoch hofft man, dass die USA nicht weiter auf das “Decoupling”, die Entkoppelung, der beiden weltgrößten Volkswirtschaften hinarbeiten. Im Zweifelsfall dürfte man sich hier bei Biden besser aufgehoben fühlen.