China macht Bank of England Angst

Bis zum ersten Zinsschritt könnte es 2017 werden - Wachstums- und Inflationsprognosen gesenkt

China macht Bank of England Angst

Die Bank of England legt in ihrem aktuellen Inflationsbericht das Hauptaugenmerk auf externe Risiken wie China, senkt ihre Wachstumsprognose und rechnet mit einer niedrigeren Teuerungsrate. Wer meinte, in den jüngsten Äußerungen des britischen Notenbankgouverneurs Mark Carney Anzeichen für einen baldigen Zinsschritt zu erkennen, wurde überrumpelt.Von Andreas Hippin, LondonDer “unzuverlässige Liebhaber” ist wieder da! Mark Carney wird sich dieser abfälligen Charakterisierung seiner Tätigkeit durch ein Mitglied des Finanzausschusses des britischen Unterhauses kaum mehr erwehren können. Noch im Juli hatte der bei seinem Amtsantritt vor zwei Jahren als “Rockstar unter den Notenbankern” gefeierte Gouverneur der Bank of England angedeutet, dass sich um die Jahreswende abzeichnen werde, wann es zum ersten Zinsschritt komme. Kaffeesatzleser hatten hineininterpretiert, dass die “Old Lady of Threadneedle Street” dann wohl den ersten Schritt tun werde, um die während der Finanzkrise ergriffenen geldpolitischen Notstandsmaßnahmen hinter sich zu lassen. Davon kann nun keine Rede mehr sein. Carney ersetzte die bisherige Wortwahl, dass die Zinsen innerhalb von zwei Jahren steigen dürften, durch die Formulierung, dass dies in rund zwei Jahren der Fall sein sollte. Am Markt wird derzeit mit dem ersten Zinsschritt im Auftaktquartal 2017 gerechnet.Die Zentralbanker haben – wie die Geldpolitiker der Europäischen Zentralbank (EZB) – die externen Risiken in den Vordergrund der Betrachtungen gestellt. Der Ausblick für das weltweite Wirtschaftswachstum habe sich seit August eingetrübt, heißt es im Inflationsbericht. Die Konjunktur in vielen Emerging Markets habe sich deutlich abgekühlt, und man habe die Bewertung der mittelfristigen Perspektiven dieser Länder nach unten korrigiert. China flößt den Mitgliedern des geldpolitischen Komitees (MPC) der Notenbank dabei offenbar die größte Angst ein. Der Inflationsbericht widmet eine ganze Seite den möglichen Auswirkungen des nachlassenden Wachstums in der Volksrepublik auf die britische Wirtschaft. Demnach führt eine Schrumpfung des Bruttoinlandsprodukts des Reichs der Mitte um 3 % in Großbritannien zu einem Rückgang des Wachstums um 0,3 %. Zudem haben die MPC-Mitglieder kein Interesse an einer weiteren Aufwertung des Pfund gegen den Euro. Wechselwähler bleiben ausDem Protokoll der jüngsten MPC-Sitzung ist zu entnehmen, dass seine Mitglieder mit 8:1 dafür stimmten, den Leitzins auf dem historischen Tief von 0,5 % zu belassen, auf dem er seit 2009 verharrt. Einzig Ian McCafferty, der mit steigendem Kostendruck im Inland argumentierte, sprach sich für eine Erhöhung um 25 Basispunkte aus. Viele Volkswirte hatten erwartet, dass sich ihm Martin Weale anschließen würde. Selbst Kristin Forbes wurde als “Wechselwählerin” gehandelt.Die Notenbank nahm ihre Prognose für das Wirtschaftswachstum in Großbritannien nach unten. Für das laufende Jahr hat sie nun eine Expansion von 2,7 % angesetzt. Im August hatte sie noch 2,8 % auf der Rechnung. Für 2016 erwarten die Ökonomen der Notenbank noch 2,5 (zuvor: 2,6) %, Im Jahr darauf sollen es dann 2,7 % sein. Die renommierte Denkfabrik NIESR (National Institute for Economic and Social Research) hatte ihre Wachstumsprognose für das laufende Jahr tags zuvor auf 2,4 % gesenkt. Für 2016 rechnen die Ökonomen des Thinktanks noch mit 2,3 %. Zuvor hatten sie 2,5 bzw. 2,4 % auf der Rechnung.Die Bank of England geht nunmehr davon aus, dass die Teuerungsrate bis in die zweite Jahreshälfte 2016 unter 1 % bleiben wird. Im August hatte sie für das kommende Jahr noch 1,5 % angesetzt. Das Inflationsziel von 2,0 % wird aus Sicht ihrer Ökonomen erst in zwei Jahren erreicht. Sie hatten bereits in der Vergangenheit die Entwicklung des Preisauftriebs deutlich überschätzt (siehe Grafik).