China-Konjunktur

China-Ökonomen halten den Daumen nach unten

Maue Konjunkturdaten und große Probleme am Immobilienmarkt lassen China-Ökonomen die Wachstumsprognose für 2023 kappen. Nun gilt sogar das offizielle Wachstumsziel von 5% als gefährdet.

China-Ökonomen halten den Daumen nach unten

China-Ökonomen halten den Daumen nach unten

Scharfe Korrektur bei Wachstumsprognosen – Hypothekenzinssenkung in Sicht – Yuan schwer unter Druck

nh Schanghai

Aus einer Serie von enttäuschenden Konjunkturdaten und den zuletzt wieder deutlich zum Vorschein gekommenen Problemen am Immobilienmarkt erwachsen pessimistischere Einschätzungen zum diesjährigen Wirtschaftswachstum in China. Am Freitag ist die japanische Investmentbank Nomura mit der bislang schwächsten Prognose für die Steigerung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) nach außen getreten. Deren China-Ökonomen rechnen jetzt nur noch mit einem Jahreswachstum von 4,6% nach zuvor 5,1%.

Im Wochenverlauf hatten auch die US-Banken Morgan Stanley und J.P. Morgan ihre Schätzwerte um etwa einen halben Prozentpunkt revidiert und liegen nun bei 4,7 beziehungsweise 4,8%. Immer mehr Analysten rechnen also damit, dass das regierungsseitig aufgestellte offizielle Wachstumsziel von 5% im Jahr 2023 verfehlt wird.

Die chinesische Konjunktur hat sich seit Frühjahr sukzessive abgeschwächt und damit die Erwartungen eines nachhaltigen konsumgeleiteten Aufschwungs im Zuge der Aufgabe von Corona-Restriktionen völlig konterkariert. Dennoch hielt man das beim Volkskongress im März aufgestellte und zu diesem Zeitpunkt als äußerst konservativ geltende Wachstumsziel bis vor kurzem für problemlos erfüllbar.

Nun aber wecken jüngste Daten zur Entwicklung von Konsum, Produktion, Außenhandel und Anlageinvestitionen ernste Zweifel, dass das Gröbste bereits ausgestanden ist und die Wirtschaft mit Hilfe von fiskalischen und monetären Stimuli in der zweiten Jahreshälfte wieder kräftiger anzieht. Dabei erweist sich vor allem der Immobiliensektor als Problemkind.

Während Peking seit Monaten eine jeweils kurz bevorstehende positive Wende im Wohnimmobilienmarkt in Aussicht stellt, sprechen verheerende Verkaufszahlen für Neuwohnungen, stark abbröckelnde Immobilieninvestitionen und sinkende Apartmentpreise gegen eine rasche Stabilisierung der Bauwirtschaft. Die von der Immobilienproblematik neu angefachte Marktunruhe und Baissetendenz an Chinas Aktienbörsen dürfte mitverantwortlich dafür sein, dass sich die Zentralbank am Montag zu einer überraschenden Zinslockerung durchrang.

Nachdem die Peoples Bank of China (PBOC) ihren wichtigsten geldpolitischen Steuerungssatz, über den sie im Rahmen der Medium-term Loan Facility (MLF) in der einjährigen Frist Gelder ausreicht, um 15 Basispunkte auf 2,5% gesenkt hat, ist zur Weitergabe des Zinsimpulses nun auch eine Anpassung der sogenannten Loan Prime Rate (LPR) für Unternehmens- und Hypothekenkredite vorprogrammiert.

Gegenwärtig liegt die LPR für einjährige Unternehmenskredite bei 3,55% und für fünfjährige Hypothekendarlehen bei 4,20%. Beim monatlichen Fixing am Montag dürften die Vorzugszinsen der Großbanken nun nach unten gehen, wobei Marktteilnehmer eine proportional größere Bewegung bei den Hypothekenzinsen erwarten. Analysten bezweifeln allerdings, dass verbilligte Hypothekenzinskonditionen wesentlich dazu beitragen werden, die von der Preistendenz und dem Misstrauen gegenüber einzelnen Bauträgern geprägte Zurückhaltung im Wohnungsmarkt zu überwinden.

Kluft zu USA und Europa

Während die Zinsgeste am Aktienmarkt praktisch keinerlei Wirkung zeigte, verstärkt sich am Devisenmarkt bei nochmals vergrößerter Kluft zum Zinsgefüge in den USA und Europa der Druck auf den chinesischen Yuan. Am Freitag sah sich die PBOC genötigt, den Mittelkurs zum Dollar, um den die Devise im Handel 2% schwanken darf, mit der jemals höchsten Abweichung zu den Vorgaben aus dem Handel zu fixieren. Sie setzte den Referenzkurs bei 7,20 Yuan zum Dollar an, während das üblicherweise von ihr angewandte Marktmodell einen Mittelkurs bei 7,30 erwarten ließ. Gleichzeitig wurden staatliche Großbanken angewiesen, Dollarpositionen aufzulösen – was einer indirekten Devisenmarktintervention gleichkommt.

| Quelle:
BZ+
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